He’s Expecting

Der erfolgreiche Marketing-Manager Kentaro Hiyama aus Tokio wird überraschend schwanger. Doch was nun? Soll er das Kind zur Welt bringen und mit der Mutter großziehen? Oder doch die Schwangerschaft beenden? Basierend auf einem Manga handelt die japanische Netflix-Serie He’s Expecting von einem schwangeren Cis-Mann und den Auswirkungen der Schwangerschaft auf sein Leben.  



In freudiger Erwartung?  

Unter den monatsbezogenen Aktionen beim Film- und Serienkonsum gibt es neben dem Horroctober und dem Noirvember auch den Japanuary, in dessen Rahmen man sich Produktionen aus Japan ansieht. Ganz unabsichtlich habe ich diesen Monat auch ein wenig an dieser Aktion teilgenommen, indem ich He’s Expecting sichtete.

Kentaro Hiyama (Takumi Saitoh) ist ein erfolgreicher Mitarbeiter einer großen Werbeagentur in Tokio. Es ist sein Verdienst, dass seine Firma den Zuschlag für das Rebranding eines großen Modekonzerns erhält. Privat mag es der 37jährige Kentaro eher casual, etwa bei gelegentlichen Dates mit jungen Frauen, oder in seiner On-and-Off-Beziehung mit der freischaffenden Autorin Aki Seto (Jueir Ueno). Plötzlich bekommt Kentaro Bauchschmerzen und leidet unter starker Übelkeit. Die schockierende Diagnose: Kentaro ist schwanger! Das ist in Japan in den letzten 50 Jahren immer wieder mal passiert, doch wirft es den 37jährigen Marketingmann gehörig aus der Bahn. Soll er das Kind überhaupt bekommen? Er trifft sich mit anderen schwangereren Männern, wie dem Floristen Miyaji (Shohei Uno)…

Bild (c) Netflix/TV Tokyo

Die auf dem Manga Hiyama Kentarou no Ninshin (zu deutsch „Die Schwangerschaft von Kentaro Hiyama“) von Eri Sakai basierende Serie stand schon seit der Erscheinung bei Netflix im April 2022 auf meiner Liste, bliebt bei den zahlreichen konsumierten Produktionen dann bisher aber auf der Strecke. Um Missverständnisse vorzubeugen: es geht hier nicht um einen schwangeren Transgendermann. In der Welt von He’s Expecting kommt es immer wieder zu männlichen Schwangerschaften. Eine wirkliche Erklärung für dieses ungewöhnliche Phänomen wird nicht geliefert, doch erscheint das auch nicht so wichtig, zumindest weniger bedeutsam als das, was die Serie aus der kuriosen Prämisse macht.

Vor allem zieht das Autor*innen-Trio Yoshitatsu Yamada, Yukiko Sode und Chihiro Amano die Situation des Protagonisten zu keiner Zeit ins Lächerliche oder flüchtet sich in albern-plumpen Humor. Stattdessen halten sich lustige und weniger lustige Elemente in etwa die Waage, wodurch die Handlung durchgehend einen ausgewogenen, positiven Tonfall aufrechterhält. In vielerlei Hinsicht werden die klassischen Rollenbilder von Frauen und Männern vertauscht. Der schwangere Mann verliert in seiner Firma seine hart erarbeitete Stellung und die wichtigen Aufträge erhält ein Kollege. Gemeinsam mit Miyaji gründet Kentaro eine Selbsthilfegruppe für Gleichgesinnte. Kentaros Freundin Aki ist sich mitunter nicht sicher, ob sie das Kind mit ihm wirklich aufziehen möchte, schließlich hat sie ja einen überaus fordernden Job als freie Autorin mit knallharten Deadlines sowie ein reizvolles Angebot im Ausland zu arbeiten.

Bild (c) Netflix/TV Tokyo

Bei der Frage ob und wie er sein Kind aufziehen will wird Kentaro Hiyama natürlich auch durch seine eigene Familiengeschichte beeinflusst. Seinen Vater hat er nie kennengelernt. Seine alleinerziehende Mutter hat gearbeitet und sich dennoch so gut es ging um ihren Sohn gekümmert. Fast genauso viel Raum wie der schwangere Mann nimmt aber auch sein Gegenüber Aki ein. Als sie für die Hochzeit ihrer Schwester in die Provinz zu ihrer Familie reist und sich ständig Kommentare dazu anhören muss, warum sie mit 35 noch nicht verheiratet und Mutter ist, wird klar, warum Aki in Tokio fernab provinzieller Kleingeistigkeit und Engstirnigkeit lebt, welche auch auf einem Klassentreffen deutlich zu Tage kommt.

Es passiert in den acht Folgen à 26 Minuten Einiges und doch wirkt die Handlung zu keiner Zeit überladen oder überzogen. Man könnte hier berechtigerweise kritisieren, dass die ganze Angelegenheit vielleicht ein wenig zu einfach abgehandelt wird und man aus der Thematik etwas mehr machen hätte müssen. Eine gelungene Dramedy-Serie ist He’s Expecting aber dennoch geworden.   

He’s Expecting ist seit dem 21. April 2022 Teil des Angebots von Netflix, im japanischen Original mit zuschaltbaren deutschen Untertiteln.  



He’s Expecting (Hiyama Kentaro no Ninshin)
Dramedyserie Japan 2022. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 208 Minuten.
Mit: Takumi Saitoh, Juri Ueno, Ryo Iwamatsu, Gaku Hosokawa, Mariko Tsutsui, Kazuya Takahashi. Shohei Uno, Maho Yamada u.a. Nach dem Manga von Eri Sakai. Adaption und Drehbuch: Yoshitatsu Yamada, Yukiko Sode, Chihiro Amano. Regie: Yuko Hakota und Takoe Kikuchi.

2 Responses to He’s Expecting

  1. […] ThingsDer große DiktatorRebel Moon: Teil 1 – Kind des FeuersDer erste Schritt (Kurzfilm)SerienHe’s ExpectingStar Trek: Short Treks – Staffel 2SonstigesMein Filmjahr 2023Mein Fernsehjahr 2023Mein […]

  2. Stepnwolf sagt:

    Skurrile Prämissen mag ich ja durchaus. Werde ich mal für den nächsten Japanuary auf die Liste setzen.

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