Barbenheimer – Ein Phänomen zur rechten Zeit

Dass mit Barbie von Greta Gerwig und Oppenheimer von Christopher Nolan gleich zwei Blockbuster-Highlights des Jahres am gleichen Tag in den Kinos gestartet sind hat auch dank des Internets für ein Phänomen namens „Barbenheimer“ gesorgt. Ein guter Anlass mal die aktuelle Situation in der Kino-Traumfabrik ein wenig zu analysieren.   


Linktipps

Meine Filmkritik zu Barbie

Meine Filmkritik zu Oppenheimer




Anmerkung: die folgenden Zahlen der Einspielergebnisse stammen entweder von boxmofficemojo.com oder der englischen Wikipedia und sind teilweise gerundet.

Am 20. Juli 2023 (in den USA am 21. Juli 2023) war es soweit. Sowohl Barbie, der von Indiefilm-Ikone Greta Gerwig inszenierte erste Leinwandauftritt der beliebten Modepuppe aus dem Hause Mattel, als auch Oppenheimer, ein Film über den Vater der Atombombe von Christopher Nolan, starteten am gleichen Tag in den Kinos. Nach etwa zwei Wochen lässt sich in beiden Fällen sagen: mit Erfolg. Im Internet wurde dieses seltene Phänomen (große Blockbuster unterschiedlicher Studios gehen sich gerne aus dem Weg. Warum das ist, darauf werden wir noch zu sprechen kommen) auf das Portmanteau „Barbenheimer“ getauft und von unterschiedlichen Seiten thematisiert. Die Darsteller beider Werke riefen auch dazu auf, beide Filme trotz ihrer Unterschiedlichkeit als „Double Feature“ am gleichen Tag im Kino anzusehen. Ich persönlich habe mir zwischen den beiden Streifen eine Woche „Pause“ gegönnt. Wie ich die beiden Teile von „Barbenheimer“ fand, könnt ich in den oben verlinkten Reviews nachlesen.

Hollywood und das Blockbuster-Kino befinden sich zurzeit in einer Krise. Seit Anfang Mai diesen Jahres streiken die Drehbuchautor*innen, seit Mitte Juli 2023 auch die Schauspieler*innen. Die Forderungen beider Gewerkschaften sind klar und absolut nachvollziehbar, um nicht zu sagen alternativlos. Sowohl die Mitglieder der schreibenden als auch der darstellenden Zunft Hollywood verlangen von den Studios bessere Gewinnbeteiligungen auch bei den Streamingdiensten sowie eine Regelung der Nutzung von künstlicher Intelligenz. Dass gleichzeitig die Angehörigen beider Sparten ihre Arbeit niederlegen, gab es seit 1960 nicht mehr.

Bild (c) Sean Longmore / Layered Butter

Doch auch eine andere Entwicklung dürfte in der Traumfabrik für Stirnrunzeln sorgen. Einige aufwändige und vielfach beworbene Blockbuster, welche dieses Jahr auf der großen Leinwand gestartet sind, konnten beim Einspielergebnis die Erwartungen nicht erfüllen bzw. nicht genügend Einnahmen erzielen, um die hohen Ausgaben bei Produktions- und Marketingkosten zu rechtfertigen. Ein hochbudgetierter Film muss heutzutage mindestens das Zweifache, aber eigentlich das Drei- bis Vierfache seiner Kosten einspielen, um für das produzierende Studio ein Erfolg zu sein. Die im März gestarteten Shazam! Fury of the Gods (Budget 90 bis 100 Millionen US-Dollar, Einspielergebnis 134 Millionen) und Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben (150 Millionen bzw. 208 Millionen), eine Fortsetzung und ein Reboot eines Franchises, waren die ersten Vertreter dieses Trends.

Dass im Kino-Sommer ein Blockbuster auf den nächsten folgte, hat dabei sicherlich auch nicht gerade geholfen. Das inflationäre Bombardieren der Zuschauer*innen, vor allem mit Superheldenfilmen, Star Wars-Streifen, Sequels, Prequels, Reboots, Spin-Offs und anderen wenig einfallsreichen Weiterführungen bekannter Franchises, hat zu einer Übersättigung beim Publikum. So zumindest meine Wahrnehmung. Denn selbst anspruchslosere Filmkonsument*innen haben irgendwann genug, vor allem wenn sie den neuesten Beitrag aus dem Hause Marvel oder aus der bereits erwähnten Sternensaga nur verstehen, wenn sie vorher auch unzählige andere Filme und/oder Serienstaffeln aus dem gleichen Universum gesehen haben. Diese unsägliche Tendenz war vor Jahren auch für mich der Grund, das Marvel Cinematic Universe nach Avengers: Endgame (2019) (toller Titel übrigens) nicht weiter zu verfolgen und mir die Star Wars-Filme/-Serien abseits der Haupt-Trilogien zu ersparen. Generell habe ich seit 2019 meine Blockbuster-Quote bei den Kinobesuchen (und generell) ziemlich eingeschränkt. Stattdessen verbringe ich nun die meiste Zeit im Programmkino, was sich bei der Qualität der dort gesichteten Filme mehr als bezahlt gemacht hat.

Doch zurück zur Hollywoodkrise. Prominente „Opfer“ des „unerwarteten“ Zuschauerschwunds im Kinosommer waren der DC-Blockbuster The Flash (Budget 200 bis 220 Millionen, Einspielergebnis 268 Millionen) und der lang erwartete Indiana Jones und das Rad des Schicksals (300 Millionen bzw. 357 Millionen). Auch andere Großproduktionen wie das Realfilm-Remake von Arielle – Die Meerjungfrau (250 / 564 Millionen), der Disney/Pixar-Animationsfilm Elemental (200 / 396 Millionen), das Roboter-Action-Sequel Transformers: Aufstieg der Bestien (195 / 430 Millionen) und die bereits im Februar gestartete Marvel-Fortsetzung Antman and the Wasp: Quantumania (200 / 476 Millionen) konnten die Erwartungen nicht erfüllen.

Neben Barbie und Oppenheimer habe ich 2023 bisher nur zwei weitere Filme auf der großen Leinwand gesehen, die man als Blockbuster kategorisieren kann. Beide waren auch alles andere als erfolgreich. Guy Ritchies schnörkelloser Agentenfilm Operation Fortune kostete zwar nur geschätzte 50 Millionen US-Dollar, spielte allerdings bisher nur ca. 38 Millionen wieder ein. Noch härter hat es die brachiale Horror-Komödie Renfield (mit Nicholas Cage als Dracula) erwischt: 65 Millionen Dollar Produktionskosten stehen Einnahmen von lediglich ca. 26 Millionen gegenüber.

Aber glücklicherweise ist „Barbenheimer“ nicht gefloppt. Zum erfolgreicheren der beiden Filme avancierte Greta Gerwigs „Puppenfilm“. Bei einem Budget zwischen 128 bis 145 Millionen US-Dollar liegen die Einnahmen aktuell bereits bei knapp 800 Millionen. In der Liste der weltweiten erfolgreichsten Filme 2023 ist Barbie daher hinter der Videospiel-Verfilmung Der Super Mario Bros. Film (1,35 Milliarden Einnahmen) und Guardians of the Galaxy Vol. 3 (845 Millionen) auf Platz 3.

Auch Oppenheimer ist bisher mehr als bombig eingeschlagen (pun intended 😉). Mit weltweit Einspielergebnis von 412 Millionen US-Dollar hat der 12. Kinofilm von Christopher Nolan gut das Vierfache seines Budgets von 100 Millionen eingespielt. Die Kosten waren hier auch deswegen nicht so gravierend, weil a) es im ganzen Filme keine großräumigen Actionszenen gibt und b) weil selbst große A-List-Akteure sich mit einer maximalen Gage von 4 Millionen begnügten. Wobei nach meinem Dafürhalten kein noch so großer Star-Schauspieler mehr als 2 Millionen pro Film wert ist. Wozu gibt es Gewinnbeteiligungen im Erfolgsfall?  

Fassen wir zusammen: der Hype um und der daraus resultierende Erfolg von „Barbenheimer“ hat das strauchelnde Hollywood erst einmal gerettet. Vorausgesetzt die kombinierten WGA- und SAG-AFTRA-Streiks werden bald durch eine für die Autor*innen und Schauspieler*innen angemessene Einigung mit den Produzenten/Studios beendet und ziehen sich nicht ewig hin. Ich persönlich hätte allerdings kein Problem damit, wenn mal ein paar Monate keine neuen Filme und Serien gedreht werden. Denn nachzuholen gibt es da immer noch genug. Und vielleicht lernen Hollywoods Mächtigen in den Chefetagen der Studios ja aus dem teils suboptimalen Kinosommer 2023, und zwar dahingehend, dass man künftig vielleicht lieber einen innovativen besonderen Film macht anstatt drei einfallslose Sequels. Das wünscht sich der Idealist in mir, während sich der Pessimist recht sicher ist, dass dies nicht passieren wird.

Wie steht ihr zu „Barbenheimer“? Habt ihr einen der beiden oder beide Filme gesehen? Und was ist eure Prognose für die Zeit nach dem wegweisenden Doppel-Streik in Hollywood?

3 Responses to Barbenheimer – Ein Phänomen zur rechten Zeit

  1. […] der WocheBarbieBarbenheimer – Ein Phänomen zur rechten ZeitAva (2017)—Fragen der Woche1. Manchmal wundere ich mich einfach nur noch, wie man ungeniert […]

  2. […] 5: Staffel 1Poirot: Halloween PartyThe Rookie: Staffel 4KonzerteFehlanzeigeSonstigesBarbenheimer – Ein Phänomen zur rechten Zeit—Außerdem gesehen und (noch) nicht besprochenAftersun (2022)Inside “From Russia with […]

  3. Schöne Zusammenfassung der Ereignisse. 🙂 Danke dafür.
    Najaaa. An und für sich hätte ich auch kein Problem damit, dass mal für einen Zeitraum keine Filme und Serien gedreht werden, solange die Gewerkschaften für den Verdienstausfall aufkommen und niemand hungern muss.

    Aber wie das eben so ist und wir schon vom Writers Strike von vor ein paar Jahren wissen, dann beeinflusst das eben indirekt eine ganze Menge. Wenn dann wieder plötzlich alle wieder die Arbeit aufnehmen, werden Serien aufgeschoben, Ressourcen fehlen und dann werden eben doch Filme und Serien gecancelt. Also so ein Streik haut schon rein. Dass es ihn geben muss – klar. Ein bisschen Zittern um die Verlängerung von Lieblingsserien ist schon dabei.

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