Heute vor 60 Jahren, am 5. Oktober 1962, startete der von Autor Ian Fleming erschaffene Geheimagent mit der Kennnummer 007 seinen Siegeszug über die Kinoleinwände dieses Erdballs und etablierte in James Bond jagt Dr. No, von Regisseur Terence Young und mit Sean Connery in der Hauptrolle, eine der erfolgreichsten und langlebigsten Filmreihen. Grund genug, den ersten Bond-Streifen einer erneuten Sichtung zu unterziehen.
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„Bond, James Bond.“
Als Raketenstarts der USA in Cape Canaveral wegen mysteriöser Energiewellen aus Richtung Jamaika beeinträchtigt werden und Commander Strangways, der Kontaktmann des britischen Geheimdienstes in Kingston, verschwindet, schickt Geheimdienstchef M (Bernard Lee) seinen Agenten James Bond 007 (Sean Connery) von London in die Karibik. In Kingston angekommen macht Bond gleich Bekanntschaft mit den Handlangern eines unbekannten Gegners sowie mit CIA-Agent Felix Leiter (Jack Lord). Die Spur führt Bond und Leiter zu Crab Key, einer abgeschottenen Insel, welche Dr. No (Joseph Wiseman) gehört, der unter den Einheimischen für Angst und Schrecken sorgt. Bei Nachforschungen mit dem Fischer Quarell (John Kitzmiller) auf der Insel Crab Key trifft 007 auf die Muschelsammlerin Honey Ryder (Ursula Andress). Doch die Schergen Dr. Nos sind ihnen auf den Fersen…
Der Kanadier Harry Saltzman und der Amerikaner Albert R. „Cubby“ Broccoli produzierten die Adaption von Dr. No, dem sechsten Buch der Bond-Romanreihe, gemeinsam für das Studio United Artists. Das Budget war selbst für damalige Verhältnisse mit ca. 1,1 Millionen Dollar nicht gerade üppig und sicherlich mitverantwortlich dafür, dass einige Passagen aus der Vorlage nicht übernommen werden konnten und es mit dem Hauptquartier des titelgebenden Bösewichts nur ein großes Setpiece gab. Doch Bühnenbildner Ken Adam, ein prägender Mann für den Look der Filmreihe bis Ende er 1970er, macht das Beste aus seinen begrenzten Möglichkeiten. Gedreht wurde vom 16. Januar bis 30. März 1962, in London und Jamaika, bis zur Unabhängigkeit ab 6. August des gleichen Jahres britische Kolonie. Ganz in der Nähe einiger Drehorte befindet sich übrigens Goldeneye, das Anwesen von Ian Fleming, in welchem er alle Bond-Romane schrieb. Am 5. Oktober 1962 fand die Weltpremiere in London statt, fünf Tage später startete der Film in britischen Kinos. Auf den Leinwänden Deutschlands war James Bond jagt Dr. No ab dem 25. Januar 1963 zu sehen.
Der allererste 007-Streifen etablierte bereits viele Markenzeichen der Filmreihe. Das Gunbarrell-Opening, das von Monty Norman geschaffene und von John Barry arrangierte ikonische James Bond Theme (hier noch als „Titelsong“), exotische Schauplätze, einen größenwahnsinnigen Bösewicht mit verheerendem Plan, Bonds bevorzugtes Getränk (Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt), diverse attraktive Frauen (welche dem Protagonisten nicht alle wohlgesonnen sind), pointierte Dialoge, die Zusammenarbeit mit Felix Leiter vom CIA und mehr. Trotz des im Vergleich zu den ausufernden Spektakeln der späteren Filme reduzierten Settings und einer nach aktuellen Maßstäben eher gemächlichen Inszenierung kann „Dr. No“ als Einstieg überzeugen.
Das hängt natürlich auch mit dem Hauptdarsteller zusammen. Sean Connery (1930-2020), damals 31, drückte der Rolle seinen Stempel auf und verkörperte perfekt den britischen Agenten, der zwischen stilvollem Gentleman und knallhartem Killer pendelt. Quasi als Mutter aller Bondgirls ging die Schweizerin Ursula Andress in der Rolle von Honey Rider in die (Bond-)Filmgeschichte ein. Ihr erster Auftritt im weißen Bikini aus dem Wasser (der übrigens erst nach etwa einer Stunde stattfindet) wurde oft kopiert, bleibt aber unerreicht. Als Felix Leiter ist hier Jack Lord, der später als Leading Man der Krimiserie Hawaii Fünf-Null (1968-1980) große Bekanntheit erlangte, zu sehen.
Aus heutiger Sicht kann man einige Dinge am ersten 007-Streifen (und sicher auch an den folgenden) zurecht problematisch finden. Die Darstellung der Frauen und der Umgang mit ihnen, das koloniale Gehabe der weißen Figuren und das Whitewashing bzw. Yellowfacing, in Person von Dr. No und Miss Taro, die beide von nichtasiatischen Akteuren gespielt werden, würde man in heutigen Filmen sicherlich nicht mehr in dieser Form vorfinden. Bisher habe ich jeden der 25 Bond-Streifen mindestens ein oder zweimal, wenn nicht öfter, gesehen. Dass ich Dr. No bei der kürzlichen Wiederholungssichtung nach langer Zeit mit anderen Augen und Ohren erleben konnte lag auch an der hervorragenden Qualität der BluRay-Fassug (Bestandteil der 2016 erschienenen Box aller Filme bis Spectre [2015]) sowie der Tatsache, dass ich erstmals die englische Originalfassung sichtete.
James Bond jagt Dr. No ist auf DVD und BluRay erschienen sowie auch bei diversen Streaminganbietern verfügbar.
Zu meiner ersten Rezension zum Film vom 22. September 2006 auf Vieraugen Kino geht es HIER.
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James Bond jagt Dr. No (Dr. No)
alternativ: James Bond – 007 jagt Dr. No
Agentenfilm UK, USA 1962. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 110 Minuten. Kinostart: 25. Januar 1963.
Mit: Sean Connery, Ursula Andress, Jack Lord, Joseph Wiseman, John Kitzmiller, Zena Marshall, Anthony Dawson, Eunice Gayson, Bernard Lee, Lois Maxwell u.a. Nach dem Roman von Ian Fleming. Drehbuch: Richard Maibaum, Johanna Harwood und Berkely Mather. Regie: Terence Young.
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Credits
Bilder (c) United Artists/MGM/Fox.