Für die diesjährige Weihnachtsfolge haben sich die Macher des Münchner Tatort etwas Besonderes einfallen lassen. In Mord unter Misteln ermitteln die Kommissare Batic und Leitmayr in einem weihnachtlichen Krimi-Dinner.
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Kommissare beim Krimi-Dinner
Das Verhältnis der Münchner Hauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) ist nach über 30 Jahren gemeinsamer Arbeit etwas angespannt. Und doch folgen die beiden Polizisten der Einladung ihres Assistenten Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) zur gemeinsamen Weihnachtsfeier. Zur Überraschung Leitmayrs und Batics entpuppt sich die Party als Krimi-Dinner, in welcher Kalli und die anderen Gäste in entsprechender Kostümierung auftreten. Als Detective Chief Inspector Lightmyer und Constable Partridge wird das Ermittler-Duo an Weihnachten 1922 nach Beckford Hall im englischen Middleton gerufen. Butler Arthur (Chistoph Mory) wurde tot im Kaminzimmer neben dem Weihnachtsbaum gefunden und röchelte noch etwas von „Gift“, bevor er zusammenbrach. Der Inspector und der Constable beginnen sogleich ihre Ermittlungen. Mit Hausherrin Lady Mona Bantam (Sunnyi Mlles), ihrem Sohn Charlie (Ferdinand Hofer), Sängerin Kitty (Katharina Schlothauer), dem sozialistischen Arzt Dr. Mallard (Alexander Hörbe), Reverend Teal (Joshua Jaco Seelenbinder) und Dienstmädchen Heather (Marie Rathscheck) haben alle Anwesenden ein Motiv für den Mord an Arthur…
Seit 1991 agieren Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec für den Bayerischen Rundfunk (BR) als Tatort-Kommissare Franz Leitmayr und Ivo Batic, absolvierten dabei 90 Folgen, von denen ich bisher zugegebenermaßen keine einzige gesehen habe. Die 91. Episode mit den erfahrenen Hauptkommissaren markiert also eine Premiere für mich. Das Setting als Krimi-Dinner macht Sinn weil sich diese Art des Rollenspiels oder auch der Theateraufführung mit Verköstigung in den letzten Jahren großer Beliebtheit erfreut. Das stilsicher inszenierte Setting wurde dabei natürlich an Werke der erfolgreichen Krimi-Schriftstellerin Agatha Christie (1890-1976) angelehnt, deren Whodunits um die Detektive Miss Marple und Hercule Poirot zu absoluten Bestsellern gehören und auch schon mehrfach verfilmt wurden. Mit Ausnahme der Polizeibeamten/Detektive sind in diesen oft kopierten Szenarien (zuletzt etwa Rian Johnsons Knives Out sowie dessen Fortsetzung Glass Onion) alle Figuren potenzielle Verdächtige.
Die mit allerlei Versatzstücken des Genres versehene Story von Drehbuchautor Robert Löhr (World of Wolfram, Enkel für Anfänger) ist dann auch eher zu vernachlässigen. Für den größten Unterhaltungswert sorgt ohnehin die gekonnte Situationskomik und der nicht selten unerwartete Dialogwitz. Vor allem Sunnyi Melles hat als überkandidelte Lady Bantam – ähnliche Rollen spielte die Schweizer Schauspielerin bereits in Der große Rudolph und im österreichischen Landkrimi Das letzte Problem sowie vermutlich auch in Ruben Östlunds High Society-Satire Triangle of Sadness – die besten Momente auf ihrer Seite. Für aufmerksame Krimi-Enthusiasten gibt es dann auch den ein oder anderen Meta-Gag, etwa wenn Leitmayr während einer der Spielpausen zugibt, dass er zwar an sich keine Krimis schaue aber ab und zu mal Tatort oder Polizeiruf 110. In einer Szene sieht man kurz wie eine der Charaktere Mysterious Affair at Styles liest, den ersten Kriminalroman Agatha Christies von 1920.
Tatort: Mord unter Misteln ist noch bis 26. Juni 2023 kostenlos in der ARD-Mediathek verfügbar.
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Tatort: Mord unter Misteln
TV-Krimikomödie Deutschland 2022. 88 Minuten.
Mit: Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec, Ferdinand Hofer, Sunnyi Melles, Alexander Hörbe, Katharina Schlothauer, Marie Rathscheck, Joshua Jaco Seelenbinder und Christoph Mory. Drehbuch: Robert Löhr. Regie: Jobst Christian Oetzmann.
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Credits
Bilder (c) ARD/BR.