Drei Nonnen führen ein völlig zürückgezogenes Leben in ihrem Kloster auf einer verlassenen Insel. Da taucht plötzlich ein junger Priester auf. Seine Anwesenheit droht die Idylle des Trios zu zerstören, in der australischen Miniserie Lambs of God.
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Von Lämmern, Märchen und Nonnen
Auf einer schwer erreichbaren, etwas abgelegenen Insel in der irischen See wurde einst das Kloster der Heiligen Agnes gegründet. Viele Jahre später sind nur noch drei Nonnen des klausulierten Ordens übrig: die ältere Schwester Margarita (Ann Dowd), Ordensvorsteherin Schwester Iphigenia (Essie Davis) und die junge Schwester Carla (Jessica Barden). Die drei Frauen führen ein gottesfürchtiges Leben im Einklang mit der Natur, leben dabei von eigener Landwirtschaft und der Zucht von Schafen. Diese Idylle droht zu enden als Pater Ignatius (Sam Reid) auf der Insel auftaucht. Denn der junge Priester hat vom Bischoff den Auftrag zu erhalten, die Insel für ein lukratives Bauprojekt auszukundschaften. Die Nonnen sehen ihre friedliche Existenz gefährdet und halten Ignatius fest. Als für Ignatius mehrere Tage verschwunden bleibt, beginnt sich seine Schwester, die alleinerziehende Frankie (Kate Mulvany), Sorgen zu machen. Seargent Barnaby (Daniel Henshall) von der örtlichen Polizei beginnt mit Nachforschungen…
Von der australischen Miniserie Lambs of God, basierend auf dem gleichnamigen Roman der irischen Schriftstellerin Marele Day (in Deutschland unter dem Titel Die Bräute des Himmels erschienen), hatte ich schon länger gehört, wusste aber bis vor wenigen Woche nicht, dass diese bereits am 1. November 2019 beim Streaminganbieter TV NOW ihre deutsche Premiere erhalten hatte. Erst durch die Erstausstrahlung im deutschen Free-TV am 30. März und 6. April 2021 bei ARD One wurde ich wieder auf den Vierteiler aufmerksam. Zugebenermaßen hat anfangs weniger die Thematik als zwei der Hauptdarstellerinnen mein Interesse an Lambs of God geweckt, nämlich Essie Davis (Miss Fishers mysteriöse Mordfälle, Milla meets Moses) und Jessica Barden (The End of the F***ing World, Penny Dreadful). Obwohl ich alles anderes als gläubig bin vermochte mich die Geschichte vor allem hinsichtlich des Lebens der drei Nonnen wirklich zu fesseln. Die von Jeffrey Walker (u.a. Modern Family, H2O – Plötzlich Meerjungfrau) inszenierte und von Sarah Lambert (Love Child) adaptierte Miniserie präsentiert auf wirkungsvolle Weise zwei völlig gegensätzlichen Ausprägung von Religion.
Auf der einen Seite eine auf Machterhalt und Geldvermehrung fixierte autokratische, patriarchalische Institution, auf der anderen die völlig ohne Fortschritt und Luxus, im Einklang mit der Natur lebenden Ordensschwestern/Frauen. Vor allem die unterschiedlichen Aspekte und die teils weniger christlichen als vielmehr paganistisch anmutenden Rituale des Hauptfiguren-Trios (an bestimmten Tagen wird eines der Lämmer geschlachtet und anschließend dessen Blut getrunken) werden gut vermittelt. Margarita, Iphigenia und Carla glauben übrigens auch daran, dass die Lämmer und Schafe die Wiedergeburten ihrer verstorbenen Ordensschwestern sind. Durch ihre etwas absonderlichen Eigenheiten wirken die drei Nonnen auf den „klassisch ausgebildeten“ Pater Ignatius umso befremdlicher, was auch für den ein oder anderen humorvollen Moment sorgt. Die Szenen auf der Insel und im Kloster bilden mit ihrem dezenten Gothic-Horror-Ambiente und der wankelmütigen Figurendynamik die Stärken der nie zu dick auftragenden Miniserie. Gekonnt werden zudem die teils traumatischen Lebensgeschichten des Ordensschwestern-Trios immer dann in die Story eingewoben, wenn die drei düstere Varianten eines bekannter Märchen nacherzählen. Die Handlung auf dem Festland um Ignatius‘ Schwester Frankie und den freundlichen, aber wenig erfolgreichen Polizisten Barnaby kann damit leider nicht ganz mithalten.
Der Roman und auch die TV-Adaption spielen zwar in Irland, gedreht wurde allerdings in Australien, nämlich in den Blue Mountains in New South Wales und auf dem Inselstaat Tasmanien (der Heimat von Essie Davis). Für Kameramann Donald McAlpine (u.a. Predator, Die Stunde der Patrioten und Moulin Rouge) war es in seiner über fünfzig Jahre andauernden Karriere die erste Arbeit an einer Fernsehserie. Dem 1934 geborenen Australier gelangen vor allem auf der Tasmaninsel, auf welcher die Außenaufnahmen für das Kloster entstanden, eindrucksvolle Bilder von wild-berauschender Schönheit. Und ich könnte mir ehrlich gesagt keine besseren Schauspielerinnen für die drei Leading Parts verstellen. Der jungen britischen Akteurin Jessica Barden wirkt die Rolle der zwar erwachsenen, aber kindlichen, fernab der Zivilisation aufgewachsenen und daher neugierig-unschuldigen Carla wie auf den Leib geschrieben. Essie Davis erkennt man als besonnene Iphigenia mit ihrem verhärmten Gesicht und zwei verschiebenfarbigen Augen kaum wieder. Die dritte im Schwesternbunde gibt die US-Amerikanerin Ann Dowd (The Leftovers, The Handmaid’s Tale) als von einer Missbrauchserfahrung in ihrer Jugend gezeichnete Margarita. Alle drei Schwestern bilden als junges Mädchen, Frau mittleren Alters und ältere Dame quasi ein Tochter-Mutter-Großmutter-Dreigestirn. Neben Sam Reid in der vierten Hauptrolle als junger Priester hat Damon Herriman (der in Once Upon a Time in Hollywood als Charles Manson zu sehen war) in den letzten beiden Folgen einen Part als zwielichtiger Pater Bob, der mich etwas an Johnny Depp erinnert hat.
Die komplette Miniserie Lambs of God ist (leider nur) beim Streamingdienst TV NOW abrufbar.
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Lambs of God
Drama/Miniserie Australien 2019. 4 Folgen. Gesamtlänge: ca. 220 Minuten. Mit: Essie Davis, Jessica Barden, Ann Dowd, Sam Reid, Kate Mulvany, Daniel Henshall u.a. Nach dem Roman Die Bräute des Himmels von Marele Day. Drehbuch: Sarah Lambert. Regie: Jeffrey Walker.
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Credits
Bilder (c) TV NOW/Foxtel.