Eine junge Amerikanerin in Tokio, deren Leben nur aus Alkoholeskapaden und anonymen sexuellen Bekanntschaften besteht, lernt einen geheimnisvollen Mann kennen, in Lost Girls and Love Hotels…
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Lost Stories
Wenn Margaret (Alexandra Daddario) nicht gerade ihrem Job als Englischlehrerin für eine Gruppe angehender japanischer Flugbegleiterinnen nachgeht stürzt sich die junge Amerikanerin ins Tokioter Nachtleben, entweder bei freuchtfröhlichen Kneipenabenden mit ihren Freunden Ines (Carice van Houten) und Liam (Andrew Rothney) oder bei anonymen sexuellen Abenteuern in Love Hotels. Eines Nachts trifft Margaret den geheimnisvollen Einheimischen Kazu (Takehiro Hira). Schon bald treffen sich die beiden nicht nur zum gemeinsamen Schäferstündchen, sondern verbringen auch tagsüber Zeit miteinander. Die Beziehung hat allerdings keine Zukunft, denn Kazu ist Mitglied der Yakuza und steht kurz davor zu heiraten…
2006 veröffentlichte die kanadische Autorin Catherine Hanrahan mit Lost Girls and Love Hotels ihren Debütroman, der auf eigenen Erfahrungen als Englischlehrerin in Tokio beruht. Bereits 2009 sollte das Buch verfilmt werden, mit Kate Bosworth (Blue Crush, 21) als Hauptdarstellerin/Produzentin und Jean-Marc Vallee (Dallas Buyers Club, Big Little Lies) auf dem Regiestuhl. Doch die Produktion kam in dieser Form nicht zustande. Hanrahan adaptierte ihren Roman selbst und von Oktober bis Dezember 2017 fanden schließlich die Dreharbeiten unter Regie des Schweden William Olsson (An American Affair) in Kyoto und Tokio statt. Alexandra Daddario (Percy Jackson, True Detective: Staffel 1, We Summon the Darkness) übernahm die Hauptrolle, mit Takehiro Hira als Kazu und Carice van Houten (Game of Thrones) als Margarets Freundin Ines. Ich kenne die Vorlage nicht, aber als Film wirkt Lost Girls and Love Hotels über weite Strecken wie eine Aneinanderreihung verschenkter Möglichkeiten. Das mag vor allem daran liegen, dass die ursprüngliche Schnittfassung etwa 45 Minuten länger gewesen sein soll, mit mehr freizügigen und teils wohl auch härteren Szenen. Überhaupt fand Olssons Werk erst 2020 seine Erstveröffentlichung. Als ob man am Produkt noch herumgedoktort und sich dann für die eher halbgare Version entschieden hätte.
Die Geschichte bietet einige Themen oder Elemente, die man einfach näher beleuchten hätte müssen. Vor allem die Zugehörigkeit Kazus zur japanischen Mafia bleibt unerforscht. Margarets eigene Hintergrundstory wird in einer einzigen Szene mal kurz angerissen. Dazu kommt noch die Situation des kleinen, englischsprachigen Freundeskreises um Ines (deren Figur überhaupt keinerlei Background erhält) und den Schotten Liam. Alle drei wirken irgendwie verloren und treffen sich immer im gleichen Pub, wohl um die eigenen Sorgen im Alkohol zu ertränken. Auch die als Reflektionsfigur für die Protagonistin dienende Leiterin der Flugbegleiterinnen-Akademie (gespielt von Misuzo Kanno) hat zu wenig Screentime, um wirklich etwas beitragen zu können. Vermutlich geht die Romanvorlage von Hanrahan auf diese und andere Punkte näher ein.
Obwohl sich der Film fast vollständig auf seine Hauptfigur konzentriert und alles andere ziemlich links liegen lässt gerät er nicht zum völligen Reinfall. Das liegt vor allem an der stimmigen Inszenierung. Die nächtlichen Szenen sind überwiegend das grelle Rot- und Blaulicht der Kneipe und der Love-Hotel-Zimmer gehüllt was gut zu den rauschhaften, nächtlichen Erlebnissen Margarets passt. Tokio ist eine Stadt mit großen Menschenmengen, doch die Antiheldin leidet unter Einsamkeit, auch weil sie als Ausländern in einem fremden Land ein weitgehend isoliertes Leben führt. Hauptdarstellerin Alexandra Daddario (Markenzeichen: eisblaue Augen) spielt das alles solide, auch wenn sich der schleichende Kontrollverlust in ihrem zunehmend wackligen, „betrunkenen“ Gang äußert.
Lost Girls and Love Hotels ist am 15. Januar 2021 auf DVD und Blu-Ray erschienen sowie bei diversen Streaminganbietern verfügbar.
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Lost Girls and Love Hotels
Erotikdrama USA 2020. FSK 16. 97 Minuten. Mit: Alexandra Daddario, Takehiro Hira, Carice van Houten, Misuzo Kanno, Andrew Rothney u.a. Regie: William Olsson. Drehbuch: Catherine Hanrahan. Nach ihrem Roman.
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Credits
Bilder © Capelight Pictures.