Tilda Swinton Festival: TTYoL und Pinocchio

9. Januar 2023

Bevor ich es wieder vergesse geht es heute um gleich zwei Beiträge des Tilda Swinton Festivals, welche ich bereits im Dezember gesichtet hatte: Three Thousand Years of Longing von George Miller und Guillermo del Toro’s Pinocchio.

(c) Leonine

Auch 2022 war für meine schottische Lieblingsschauspielerin ein erfolgreiches Jahr. In den deutschen Kinos startete Memoria, ihr gemeinsam mit dem Thailänder Apichatpong Weerasethakul gedrehter Film, den ich leider nur im Stream sichten konnte. Auf der großen Leinwand war außerdem das Fantasymärchen Three Thousand Years of Longing zu sehen. In dem bildgewaltigen Epos spielt Tilda eine sich in ihrer Einsamkeit behaglich eingerichtete Literaturwissenschaftlerin, die auf einen Flaschengeist (Idris Elba) trifft, der ihr drei Wünsche erfüllen möchte. Warum TTTYoL so ein schöner Film ist habe ich versucht, in meiner Rezension auf Vieraugen Kino zu skizzieren.

(c) Netflix

Kurz im Kino und dann auf Netflix wurde Guillermo del Toro’s Pinocchio, die im besten Sinne eigenwillige Version des vielfach verfilmten italienischen Kinderbuchs vom mexikanischen Filmemacher, veröffentlicht. Zum überaus prominenten Voicecast gehört neben David Bradley, Ewan McGregor, Ron Perlman, Christoph Waltz sowie Cate Blanchett eben auch Tilda Swinton, hier in einer Doppel-Sprechrolle als blaue Fee und personifizierter Tod. Mehr dazu hier bei Vieraugen Kino.

Welche weiteren Werke mit der ikonoklastischen Ausnahme-Performerin dieses Jahr noch gesichtet und rezensiert werden steht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest. Lasst euch überraschen.

 


Tilda Swinton Festival: Friendship’s Death

3. Dezember 2022

Der heutige Beitrag meiner Werkschau der schottischen Ausnahmeschauspielerin widmet sich einer ihrer sehr frühen Arbeit. In Friendship’s Death von 1987 spielt Tilda Swinton eine Außerirdische, die mitten in den Wirren des Bürgerkriegs nach Jordanien kommt und dort einen britischen Journalisten trifft.

1986 feierte Tilda Swinton ihr Kinodebüt in Derek Jarmans Maler-Biopic Caravaggio. Im gleichen Jahr erschienen auch Christoph Schlingensiefs Egomania: Insel ohne Hoffnung und Joanna Hoggs Kurzfilm Caprice. Ein Jahr später folgte das Science-Fiction-Kammerspiel Friendship’s Death vom britischen Filmtheoretiker Peter Wollen (1938-2019).

September 1970. In Jordanien tobt ein gnadenloser Bürgerkrieg zwischen der einheimischen Armee und Milizen der Palästinenser. Journalist Sullivan (Bill Paterson) berichtet über diesen Konflikt. Er trifft in Amman auf eine geheimnisvolle Frau (Tilda Swinton), welche sich verirrt zu haben scheint. Sullivans Interesse wird geweckt als die Frau erklärt, eine außerirdische Friedensbotschafterin zu sein. Aufgrund der Kampfhandlungen im Hotel eingesperrt verbringen die Beiden die Zeit mit ausufernden Gesprächen.

Meine Rezension zu dieser kuriosen Mischung aus Kammerspiel, Kriegsdrama und Science-Fiction gibt es auf Vieraugen Kino.


Credits
Filmbild © BFI.


Tilda Swinton Festival: Teknolust

13. November 2022

Das Tilda Swinton Festival geht weiter, auch nach dem kürzlichen 62. Geburtstag seiner Protagonistin. Vor 20 Jahren spielte die schottische Ausnahme-Akteurin in der schrägen Scifi-Satire Teknolust von Multimedia-Künstlerin Lynn Hershman Leeson gleich vier Rollen.

Heimlich hat die zurückgezogene Wissenschaftlerin Dr. Rosetta Stone (Tilda Swinton) mit Ruby, Marinne und Olive (alle Tilda Swinton) drei Klone von sich geschaffen. Doch das Replikanten-Trio benötigt zum Überleben die Essenz des Y-Chromosoms aus männlichem Ejakulat. Um dies zu erhalten lässt sich Ruby regelmäßig auf One-Night-Stands mit Männern ein. Doch schon bald beginnen die Herren an einem mysteriösen Virus zu leiden, der sich auch auf Computer überträgt. Als das FBI ermittelt droht Rosettas geheimes Klon-Projekt aufzufliegen…

Was von der Prämisse her verdächtig nach einem Porno klingt erweist sich als herrliche Off-Beat-SF-Satire, die nicht nur die göttliche Tilda in einer Vierfach-Performance und eine spaßige Tanzszene aufbietet. Mehr dazu gibt es in meiner Filmkritik auf Vieraugen Kino.

 

 


Tilda Swinton Festival: Memoria (2021)

3. Oktober 2022

Fünf Beiträge in den letzten sechs Wochen. Wenn hier in letzter Zeit etwas gut läuft, dann das im November 2020 zu Ehren des 60. Geburtstags der Namensgeberin ins Leben gerufene Tilda Swinton Festival, welches zu Beginn eher schleppend voranging. Weiter geht es mit Memoria von Apichatpong Weerasethakul.

Im bei den Filmfestspielen von Cannes 2021 mit dem Preis der Jury ausgezeichneten Werk des thailändischen Filmemachers Apichatpong Weerasethakul (Tropical Malady, Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben) spielt Tilda Swinton eine schottische Orchideenzüchterin, die in Kolumbien weilt und plötzlich ein merkwürdiges Geräusch vernimmt, dem sie auf den Grund zu gehen versucht. Dabei stehen eine Session im Tonstudio, die Ausgrabungen an einer Tunnelbaustelle und die Begegnung mit einem Einsiedler im Zentrum.

Memoria ist definitiv kein einfach zu konsumierendes Werk. Welchen Reim ich mir auf dieses minimalistische Filmerlebnis gemacht habe könnt ihr in meiner Rezension bei Vieraugen Kino nachlesen.


Credits:
Bild (c) Port au Prince Pictures/MUBI.

 

 

 

 


Tilda Swinton Festival: Orlando (1992)

30. September 2022

Wie so einige meiner Leidenschaften und Vorlieben begannen diese mit einem konkreten Ereignis. Im Falle meiner Faszination für die schottische Schauspielerin Tilda Swinton war es ein Fernsehabend irgendwann 1996, als ich Orlando sah. Und kürzlich wagte ich mich ein zweites Mal an die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Virginia Woolf durch Regisseurin Sally Potter über die unsterbliche und das Geschlecht wechselnde Titelfigur.

Orlando (Tilda Swinton) ist ein junger Günstling am Hofe von Englands Königin Elisabeth II. (Quentin Crisp). Die greise Herrscherin schenkt ihm eines Tages einen Titel und Ländereien, allerdings unter der Bedingung, dass er niemals altere. Orlando kommt diesem Wunsch nach und lebt Jahrhunderte lang ohne älter zu werden. Während des großen Frostes in London verliebt sich Orlando in Sasha (Charlotte Valandrey), die Tochter des russischen Botschaftes, doch sie verlässt ihn. Orlando zieht sich daraufhin in seinen einsamen Landsitz zurück, um sich ganz der Poesie zu widmen. Einige Zeit später wird Orlando zum Botschafter des Britischen Empires in Konstantinopel ernannt wo er auf den dort herrschenden Khan (Lothaire Bluteau) trifft. Nach Kämpfen mit den Feinden des Khans fällt Orlando in einen siebentägigen Schlaf und erwacht aus diesem als Frau. Zurück in England muss Lady Orlando damit zurechtkommen, dass ihr Titel und Ländereien wegen ihres geänderten Geschlechts nun streitig gemacht werden…

Was habe ich mich gefreut als im Mai 2021 Orlando endlich wieder auf DVD und erstmals auf BluRay erschien, nachdem der Film lange Zeit nur schwer zu beschaffen war. Bis zur Sichtung jenes besonderes Werkes, welches vor 26 Jahren die Frucht meiner Verehrung für die großartige Tilda Swinton säte, sollte es dann allerdings noch gut ein Jahr dauern. Doch nun ist es vollbracht und meine Rezension auf Vieraugen Kino seit ein paar Tagen veröffentlicht.

Credits
Bild (c) Studiocanal.

 


Tilda Swinton Festival: Musikvideos

2. September 2022

Auch im Bereich Musikvideo hat die schottische Ausnahmeschauspielerin Tilda Swinton bereits ihre Spuren hinterlassen, nämlich in The Box (1996) von Orbital und in The Stars (Are Out Tonight) (2013) an der Seite von David Bowie.

Orbital: The Box
UK 1996. 5 Minuten. Regie: Jes Benstock, Luke Losey.

Für den Track The Box des britischen Elektronik-Duos Orbital (die Brüder Phil und Paul Hartnoll) schufen die Filmemacher Jes Benstock und Luke Losey (letzterer Produktionssassistent beim Kurzfilm Caprice, in welchem Tilda Swinton 10 Jahre zuvor ebenfalls die Hauptrolle spielte) ein dystopisches Musikvideo. Ein Alien (Tilda Swinton) kommt auf die Erde, erlebt Zeit allerdings in einer gänzlich anderen Geschwindigkeit. Dank der virtuosen Mischung aus Zeitraffer-Aufnahmen und Stop-Motion-Animation offenbart sich dem außerirdischen Besucher eine rastlose Welt, die von den Menschen allmählich zerstört wird. Der Kurzfilm von Benstock und Losey lief auf mehreren Filmfestivals und wurde in San Francisco ausgezeichnet. Von der Prämisse her und wegen der äußerlichen Ähnlichkeit seiner Hauptfiguren erinnerte mich das Werk etwas an den Film Der Mann, der vom Himmel fiel (1976) von Nicolas Roeg, mit David Bowie als Alien. Teile des Stücks The Box wurden übrigens für das Intro von Mike Myers Verschwörungscomedyserie The Pentaverate (2022) verwendet, für welche Orbital die Musik komponierten.

Das komplette Musikvideo mit Credits kann man sich hier auf Youtube ansehen.

David Bowie: The Stars (Are Out Tonight)
USA 2013. 6 Minuten. Regie: Floria Sigismondi.

The Stars (Are Out Tonight) ist die zweite Single von The Next Day, dem 24. und vorletzten Album von Musiklegende David Bowie (1947-2016). Das dazugehörige Musikvideo inszenierte die italienisch-kanadische Filmemacherin und Fotografin Floria Sigismondi, welche unzählige weitere Videoclips, den Film The Runaways (2010) über die gleichnamige Band, sowie Episoden von The Handmaid’s Tale und American Gods in ihrer Vita stehen hat. David Bowie und Tilda Swinton spielen ein einfaches Ehepaar, dessen biederes, aber glückliches Leben von den zwei titelgebenden Stars (Andreja Pejic und Saskia de Brauw), die nebenan einziehen, aus den Fugen gebracht wird. Auf bizarre und herrlich schräge Weise vermischen sich hier Träume, Fantasien und die Leben der beiden unterschiedlichen Paare. Als junge Version Bowies ist das weibliche norwegische Model Iselin Steiro zu sehen, die für mich aussieht als hätte man Bowie und Swinton (die sich ohnehin irgendwie sehr ähnlich sehen) miteinander gekreuzt. Make Up, Hairstyling und Kostümbild sind so herrlich überdreht. Die kuriosen Szenen lassen das Ganze in Richtung Horror abdriften. Und dank der androgynen Aura aller beteiligten Akteure verwischen hier auch die Geschlechtergrenzen. Sigismondi, die übrigens auch das wenige Monate später erschienene Video zum Titelsong The Next Day gedreht hat (mit Marion Cotillard, Gary Oldman und erneut Bowie himself), gelang mit The Stars (Are Out Tonight) ein wilder sechsminütiger Trip.

Das Video ist hier auf Youtube zu sehen.

Credits
The Box (c) Technobabble/London Records
The Stars (Are Out Tonight) (c) Black Dog Films

 

 


Tilda Swinton Festival: The Invisible Frame

30. August 2022

21 Jahre nach Cycling the Frame und 20 Jahre nach dem Mauerfall radelt Tilda Swinton in The Invisible Frame die nun nicht mehr existente Grenze zwischen West- und Ost-Berlin nach.

21 Jahre später

Als großer Fan von Tilda Swinton kann ich der schottischen Schauspielerin ehrlich gesagt bei fast jeder erdenklichen Aktivität zuschauen. Im Falle von Cycling the Frame, einem knapp halbstündigen TV-Beitrag von 1988, eben dabei, wie sie die Berliner Mauer auf einem Fahrrad entlangfuhr. 21 Jahre später und 20 Jahre nach dem Fall eben jener Mauer, welche Ost- und West-Berlin 28 Jahre trennte, kehrten Swinton und Filmemacherin Cynthia Beatt für The Invisible Frame an den Ort des Geschehens zurück.

Juni 2009. Viel hat sich geändert. Tilda Swinton ist nun keine 27jährige, eher unbekannte Schauspielerin mehr, sondern eine 48jährige, international gefragte Mimin, die für ihre Performance in Michael Clayton gut ein Jahr zuvor den Oscar als beste Nebendarstellerin gewinnen konnte. Statt lange rote Haare trägt Swinton ihre Haarpracht mittlerweile kurz und blond. Und auch der Schauplatz dieser Radtour hat sich unweigerlich verändert, nicht nur weil über zwei Jahrzehnte vergangen sind und – richtig – die Mauer weg ist! Und so kann die Protagonistin die „unsichtbare Grenze“ von beiden Seiten nachfahren, passenderweise in der doppelten Spielzeit. Wie viel (abgesehen vom Fall der Mauer) sich das Stadtbild Berlins und die Örtlichkeiten gewandelt haben lässt sich am besten in einem Video erkennen, in welchem die entsprechenden Szenen aus beiden Filmen gegenübergestellt wurden. Es befindet sich als Bonusmaterial auf der DVD und hier bei Youtube. Tildas Tour führt auch zum gleichen Fischteich wie damals zurück und zum See, der einst in der Mitte geteilt war.

Wohl aufgrund der besseren Produktionsbedingungen hat mir die Fortsetzung etwas besser gefallen. Die Kamera ist näher am Geschehen, welches dadurch plastischer wirkt. Mit den von Simon Fisher Turner, der bereits in der Vergangenheit mit Tilda Swinton zusammengearbeitet hatte, aus Originaltönen komponierten „Soundscapes“ besitzt The Invisible Frame eine wesentlich präsentere Tonkulisse als der Vorgänger. Die von der Protagonistin eingesprochenen Off-Kommentare und Textzitate gestalten sich weniger albern-spielerisch, dafür umso poetischer und tiefgründiger. Zwischenzeitlich äußert Swinton das paradoxe Gefühl, die verschwundene Grenze sei für sie erfahrbarer als zur Zeit als diese noch physisch existierte.

The Invisible Frame ist auf DVD erhältlich sowie als Stream bei Amazon, Apple TV, MUBI, Realeyz und Chili abrufbar.


The Invisible Frame
TV-Dokumentation Deutschland 2009. 59 Minuten.
Mit: Tilda Swinton. Regie: Cynthia Beatt.

Credits
Bilder (c) Filmgalerie 451/ZDF/3sat.

 

 

 


Tilda Swinton Festival: Cycling the Frame

28. August 2022

Und weiter im Frühwerk von Tilda Swinton. 1988 radelte die schottische Schauspielerin für den TV-Beitrag Cycling the Frame die Berliner Mauer entlang.


Idylle an der Grenze

Zwischen 1961 und 1989 war West-Berlin quasi eine Insel in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik, getrennt vom Osten der Stadt durch die Mauer. Unter Regie der britischen Filmemacherin Cynthia Beatt und begleitet von einem Kamerateam fuhr die 27jährige Tilda Swinton (lange bevor sie wirklich bekannt wurde) auf ihrem Fahrrad die ca. 160 km lange Grenze entlang.

Cynthia Beatt, die in Jamaika sowie auf den Fidschi-Inseln aufwuchs und seit Langem in Berlin lebt, liefert hier allerdings keine analytische und strukturierte Dokumentation, sondern reiht Impressionen von unterschiedlichsten Örtlichkeiten recht intuitiv aneinander. Die Radtour beginnt und endet am Brandenburger Tor, führt vorbei an Brücken, Gewässern und diversen Gegenden, die fast beiläufig von der Grenze gezeichnet werden. Swinton kommentiert ihre Reise mit mal albernen, mal tiefsinnigen Gedanken, füttert Fische, besucht ihre Landsleute vom schottischen Bataillon und bestaunt die Spuren, welche die Mauer hinterlassen hat respektive auf ihr hinterlassen wurden. Immer wieder besteigt sie eine der Aussichtsplattformen, um in den Osten hinüberzuschauen, wobei sie freilich von den Grenzsoldaten beobachtet wird. Dass ihr Wunsch die Mauer möge verschwinden gut ein Jahr später Wirklichkeit werden würde hätte Tilda Swinton damals wohl kaum zu träumen gewagt.

Diese aus heutiger Sicht surreal-idyllische Reise in das geteilte Deutschland entstand damals für den Sender Freies Berlin (SFB), Vorläufer der heutigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Radio Berlin-Brandenburg (RBB), wo der knapp halbstündige Beitrag am 30. August 1988, also vor genau 34 Jahren, ausgestrahlt wurde. Cynthia Beatt und Tilda Swinton sollten 21 Jahre später erneut zusammenkommen, um die Fortsetzung The Invisible Frame (2009) zu drehen. Darin umfährt die Schauspielerin die nicht mehr existente Grenze sowohl von westlicher als auch östlicher Seite.

Cycling the Frame ist Teil des Angebots von Arthouse-Streaminganbieter MUBI (welcher derzeit einige, teils frühe Werke von Tilda Swinton zeigt) und als Bonusmaterial auf der DVD zur Fortsetzung The Invisible Frame enthalten.

Cycling the Frame
TV-Doku/Kurzfilm Deutschland 1988. 27 Minuten.
Mit: Tilda Swinton. Regie: Cynthia Beatt.


Credits
Bilder (c) RBB/Filmgalerie 451.

 

 

 


Tilda Swinton Festival: Caprice (1986)

20. August 2022

Es wird höchste Zeit, meine Rezensionsreihe zur unnachahmlichen Tilda Swinton wieder aufzunehmen. Nicht nur weil der letzte Beitrag schon neun Monate zurückliegt. Sondern auch weil der Arthouse-Streamingdienst MUBI aktuell frühe Werke der schottischen Ikone zeigt, wie den 36 Jahre alten Kurzfilm Caprice.

Lucky im Mode-Wunderland

Im gleichen Jahr wie ihre ersten beiden Spielfilme, das Maler-Biopic Caravaggio von Derek Jarman und Christoph Schlingensief schräger Experimentalfilm Egomania – Insel ohne Hoffnung, war die junge Tilda Swinton auch in Caprice, einem Kurzfilm von Filmemacherin Joanna Hogg, zu sehen.

Lucky (Tilda Swinton) liebt Mode und ihr größter Lebensinhalt ist das wöchentliche erscheinende Modemagazin „Caprice“, welchem sie immer wieder aufs Neue entgegenfiebert. Doch zu ihrer völligen Überraschung gelingt es ihr, das Magazin auf magische Weise zu betreten und die einzelnen Seiten zu erkunden. Dabei macht Lucky faszinierende und zugleich beängstigende Entdeckungen…

Das vorliegende Werk ist der Abschlussfilm von Joanna Hogg (geboren 1960) an der National Film and Television School in England. Ich kenne zwar ansonsten noch keinen Film der britischen Filmemacherin, allerdings liest sich ihre Vita interessant. Nach dem Abschluss inszenierte Hogg bis in die frühen 2000er ausschließlich TV-Produktionen (darunter Episoden der Dauerbrenner Casualty und EastEnders) bevor sie erst 20 Jahre nach Caprice ihr Langfilmdebüt als Regisseurin, Unrelated (2007), veröffentlichte. Es folgten die Filme Archipelago (2010) und Exhibition (2013).The Souvenir (2019), welcher auf Hoggs eigenen Erlebnissen als junge Frau basiert, brachte Hogg und Swinton wieder zusammen. Die Hauptrolle spielte allerdings Tildas Tochter Honor Swinton Byrne (geboren 1997). Seit Jahren warte ich sehnlichst darauf, dass dieses Werk endlich in Deutschland veröffentlicht wird, bisher vergebens. 2021 erschien mit The Souvenir: Part II bereits eine Fortsetzung.

Doch zurück zu Caprice. Die von der ca. 25jährigen Tilda Swinton verkörperte Protagonistin kommt ähnlich wie der Zuschauer aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie im Stile von Alice im Wunderland (nach Lewis Carroll) und Der Zauberer von Oz (nach L. Frank Baum) durch die einzelnen Stationen der phantastischen Mode-Wunderwelt spaziert. Hogg und ihr Team machten das Beste aus einem sicherlich nicht besonders großen Budget, erschaffen dabei eine ganze Reihe von kuriosen surrealen Szenerien und Bilderwelten. Ästhetisch bleibt das Ganze fest in den 1980ern verortet, wenngleich Expressionimus und bunte Technicolor-Filme Pate standen. Anfangs noch mit kindlicher Naivität und Verspieltheit durchstreift die Heldin Lucky die einzelnen Teilbereiche der schönen Modewelt inklusive verführerischer Werbe-Fantasien, nur um im Verlauf der 28 Minuten auch die ein oder andere Schattenseite kennen zu lernen. Zwischenzeitlich wähnt man sich hier auch in einem langen Musikvideo aus den Achtzigern wenn ein Billy Idol-Klon (Robert Parnell, schrieb auch die Songs zum Kurzfilm) seinen neuesten Hit performt. Eine kurioser Ausflug in eine auf Oberflächlichkeiten fixierte Blase. Durch den ständigen Wechsel von Kulissen, Kostümen und Make Up wird hier bereits die später zu ihrem Markenzeichen gewordene Wandelbarkeit von Tilda Swinton quasi vorweggenommen. An ihrer Seite spielte damals mit Bruce Payne (u.a. Dungeons & Dragons [2000]) ein heute ebenfalls nicht ganz unbekannter Akteur. Die Kamera führte damals David Tattersall, später bekannt für seine Arbeit in gleicher Funktion bei The Green Mile (1999) oder Star Wars: Episode III (2005).

Caprice ist aktuell Teil des Angebots von MUBI, neben weiteren Werken mit der schottischen Schauspielerin, wie etwa The Human Voice.


Caprice
Fantasy/Kurzfilm UK 1986. 28 Minuten.
Mit: Tilda Swinton, Bruce Payne, Rachel Byrd, Marty Cruikshank, Anthony Higgins, Helen Cooper, Robert Parnell, Darlene Johnson u.a. Drehbuch: David Gale und Joanna Hogg. Regie: Joanna Hogg.


Credits
Bilder (c) NFTS/MUBI.

 

 

 


Tilda Swinton Festival: The Human Voice (2020)

19. November 2021

Im letzten Jahr stand Tilda Swinton das erste Mal für den spanischen Regisseur Pedro Almodóvar vor der Kamera. Das Ergebnis, der Kurzfilm The Human Voice, wurde am vergangenen Sonntag in den deutschen Kinos gezeigt.

Seit drei Tagen wartet eine Frau (Tilda Swinton) auf die Rückkehr ihres Geliebten. Die Beziehung steht vor dem Ende und seine Koffer stehen schon zur Abholung bereit. Auch der Hund des Mannes (Dash) sehnt sich nach seinem Herrchen. Mit der Zeit beginnt die Frau zu verzweifeln und zu drastischen Mitteln zu greifen. Da erhält sie einen Anruf…

Tilda Swinton (mittlerweile 61 Jahre jung) hat in ihrer seit gut 30 Jahre andauernden Karriere mit einigen großen und visionären Filmemachern zusammengearbeitet, etwa Sally Potter (Orlando), Derek Jarman (Caravaggio, Edward II), Christoph Schlingensief (Egomania – Insel ohne Hoffnung), David Fincher (Der seltsame Fall des Benjamin Button), Jim Jarmusch (Only Lovers Left Alive, The Dead Don’t Die), Luca Guadagnino (I Am Love, Suspiria [2018]), Bela Tarr (The Man from London), Bong Joon-ho (Snowpiercer), Wes Anderson (Grand Budapest Hotel, The French Dispatch) und kürzlich auch mit Aichatpong Weerasethakul (Memoria, 2021). Das erste Mal mit dem spanischen Regisseur Pedro Almodóvar, bekannt für seine Filme über starke Frauen, sollte allerdings erst inmitten der Corona-Pandemie im Sommer 2020 passieren. Frei nach dem Ein-Personen-Stück La Voix humaine von Jean Cocteau aus dem Jahre 1930 entstand der 30minütige Kurzfilm The Human Voice, in welchem Swinton eine verlassene Frau am Rande des Abgrunds spielt. Wie sich meine schottische Lieblingsschauspielerin in einer One-Woman-Show (mit Hund) geschlagen hat, lest ihr in meiner Filmkritik bei Vieraugen Kino.

Credits
Poster (c) Studiocanal.

 

 


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