Into The Badlands: Staffel 3, Teil 2

24. Mai 2019

Mehr als neun Monate zog sich die Wartezeit auf die zweite Hälfte der dritten (und letzten) Staffel von Into The Badlands. Die postapokalyptische Martial-Arts-Serie bietet in den verbleibenden Episoden noch einmal Einiges auf…

Into The Badlands: Staffel 3, Teil 2
(Into The Badlands: Season 3, Part 2)
Actionserie/Endzeitdrama USA 2019. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 345 Minuten.
Mit: Daniel Wu, Aramis Knight, Nick Frost, Emily Beecham, Orla Brady, Ally Ioannides, Baboo Ceesay, Lorraine Toussaint, Ella-Rae Smith, Sherman Augustus, Lewis Tan, Chipo Chung u.a. Idee: Alfred Gough und Miles Millar.

 


Black Lotus, Dark Acolytes

Der charismatische Kultanführer Pilgrim (Baboo Ceesay) will mit seinem Heer williger Akolythen, darunter auch M.K. (Aramis Knight), die dank wiederentdeckter Technologie aus dem legendären Reich von Azra die dunkle Gabe erhielten, die Badlands erobern und seine Gegner ausnahmslos vernichten. Die besten Kämpfer der Gegend müssen sich nun gegen die Armee von Fanatikern vereinen. Sunny (Daniel Wu) wird derweil von seiner Vergangenheit eingeholt. Und die als „Widow“ gefürchtete Minerva (Emily Beecham) kämpft vorerst mit ihren eigenen Dämonen…

Es dauerte über ein halbes Jahr bis es nach der Ausstrahlung der ersten Hälfte der dritten Staffel (April bis Juni 2018) von Into The Badlands wieder ein Lebenszeichen der Endzeit-Martial-Arts-Show gab. Und zwar in Form einer Ankündigung des Senders AMC im Februar 2019, dass die Serie gecancelt sei. Die verbleibenden acht Episoden wurden schließlich von Ende März bis Anfang Mai ausgestrahlt und sind seitdem auch bei Amazon Prime abrufbar. Es mag unschön sein, wenn eine Serie wie die vorliegende früher endet als vielleicht geplant. Doch obwohl das unfreiwillige Finale etwas unvollendet wirkt und eine weitere Staffel angeteasert wird, so kommt der Schlusspunkt nicht wirklich zu früh. Denn Into The Badlands geht auf der Zielgeraden inhaltlich ziemlich die Luft aus.

Im Laufe der Zeit vermischte die von Alfred Gough und Miles Millar (Smallville, The Shannara Chronicles) ins Leben gerufene Show Motive aus Die Reise nach Westen, einem klassischen chinesischen Roman aus dem 16. Jahrhundert, mit Versatzstücken aus Südstaatensaga, postapokalyptischem Drama und actionreichem Eastern, präsentiert in der farbenfrohen und überstilisierten Ästhetik von Anime-Serien und epischem Wuxia-Kino. Die ungemein virtuos und eindrucksvoll (von den „action directors“ Stephen Fung und Andy Cheng) mit intensivem Wire-Work inszenierten Kampfszenen, in denen auch die individuell unterschiedlichen Stile gut erkennbar sind, bleiben neben den ausladenden Setpieces auch in den finalen Episoden die große Stärke der Produktion. Zum Finale lassen es die Macher nochmal ordentlich krachen und erhöhen auch den Gewaltfaktor etwas.

Das kann leider nicht darüber hinwegtäuschen dass die Serie inhaltlich auf der Stelle tritt. Im Verlauf der letzten Folgen, in denen auch einige Hauptcharaktere ihr Leben lassen müssen, fielen mir die formelhaften Storylines und die beliebigen Wendungen sogar noch deutlicher auf als zuvor. Obwohl die Autoren hier Hintergründe zur Zerstörung der großen Zivilisation von Azra und Sunnys Herkunft miteinbauen. Dennoch war mein letzter Ausflug in die Badlands kein Reinfall. Im Gegenteil: das Abschiednehmen von ein paar Figuren fiel nicht so leicht.

Alle drei Staffeln von Into The Badlands (insgesamt 32 Folgen) sind über Amazon abrufbar. Die ersten beiden Staffeln gibt es außerdem auf DVD und BluRay.

Fazit: Into The Badlands kulminiert in einem gewohnt stark inszenierten, aber zu beliebigen Finale. 6 von 10 Punkten.

Pilgrim und seine dunkle Armee
The Widow in Red

Credits:
Bilder (c) AMC/Amazon


Game of Thrones: Das Serienfinale (Recap)

21. Mai 2019

Das Spiel der Throne hat (zumindest) als TV-Serie sein Finale erreicht. Und ich versuche das Ganze jetzt irgendwie zu verarbeiten.

Burn the throne, break the wheel

Daran dass ich die achte Staffel für die schwächste halte, wird sich so bald nichts ändern. Zu lieblos waren manche Wendungen und zu durchwachsen die Handlung insgesamt, auch wenn die finalen sechs Folgen den bisherigen Episoden inszenatorisch bei weitem nicht unterlegend sind. Aber vor allem The Last of the Starks (8×04) und The Bells (8×05) entpuppten sich als mittlere Enttäuschung. Umso versöhnlicher stimmt mich erstaunlicherweise das Finale mit dem überaus passenden Titel The Iron Throne.

Wir beginnen direkt bei den Folgen der Zerstörung von King’s Landing. Tyrion macht sich auf die Suche nach seinen Geschwistern Cersei und Jaime und findet ihre Leichen verschüttet in den Katakomben unter dem Red Keep. Während die neue Königin der Sieben Königslande noch auf sich Warten lässt vollstreckt Greyworm schonmal im Namen der „Gerechtigkeit“ ein paar Todesurteile an gefangenen Lannister-Soldaten trotz der Einwände von Jon Snow und Ser Davos. Daenerys ist mittlerweile eingeflogen und hält vor ihrer versammelten Armee aus Dothraki und Unbefleckten eine flammende Rede für eine Fortsetzung der Befreiung der ganzen Welt! Klingt wie mittelschwerer Größenwahn(sinn)? Ist es auch. Als Dany Tyrion vorwirft er habe sie durch die Befreiung Jaimes verraten, entgegnet der Zwerg dass sie eine ganze Stadt abgeschlachtet hat und legt sein Amt symbolisch durch das Wegwerfen der Hand-Brosche nieder. Tyrion wird daraufhin auf Befehl der Drachenkönigin unter Arrest gestellt und in ein Hinterzimmer gesperrt, das nicht eingestürzt ist. Arya schleicht durch die Reihen der Dothraki und trifft auf Jon. Der ist sichtlich überrascht, seine Schwester/Cousine zu sehen und bittet sie vor den Toren der Stadt auf ihn zu warten. Arya warnt Jon, dass er aufgrund seiner wahren Identität eine Bedrohnung für Dany darstellt.

Als ob Jon nicht ohnehin schon innerlich zerrissen genug wäre wird ihm von Tyrion, den er in dessen „Zelle“ (die aussieht wie ein chaotisches Krankenzimmer von Dr. Qyburnstein) besucht, klar gemacht wird, was zu tun ist. In diesem knapp zehnminütigen Gespräch wird nicht nur fast der komplette Weg von Daenerys bis hierhin rakapituliert, sondern auch die „Heldenreisen“ des Zwerges und des Bastards von Winterfell. Auf dem Weg zum „Rest-Thronsaal“, der nicht ganz so aussieht wie in der Vision im House of the Undying in Staffel 2 aber durchaus sehr ähnlich, wird Jon von Drache Drogon überrascht, der sich zwischenzeitlich im Schnee eingebuddelt hat, was mich irgendwie an Smaug aus der Hobbit-Trilogie erinnert.

In einer recht surrealen Szene kommt Daenerys ans Ziel ihrer Träume, ihrer Wünsche. Sie steht vor dem Eisernen Thron. Gerade als sie sich hinsetzen will taucht Jon auf, bittet sie um Gnade für Tyrion und die anderen Gefangenen. Verzweifelt versucht er, sie von ihrem Pfad der Tyrannei abzubringen. Doch Dany scheint völlig davon überzeugt, dass ihre brutalen Mittel notwendig sind, um eine neue Welt zu erschaffen („because I know what is good.“) und will ihre Vision von der Zukunft gemeinsam mit ihm, dem Mann an ihrer Seite, weiter in die Tat umsetzen („We break the wheel together.“). Für einen Augenblick sah es für mich so aus als ob Jon Snow wirklich dem „Flehen“ seiner geliebten Königin nachgibt, doch während des innigen Kusses der tödliche Dolchstoß in ihre Brust. Während sicherlich sehr viele im Vorfeld dachten, Arya würde den notwendigen Tyrannenmord begehen, tut Jon das was nötigt ist, auch wenn es ihm das Herz bricht. Daenerys Targaryen ist damit die letzte Haupfigur, die in der Serie stirbt. Und Jon Snow bleibt seiner Rolle als tragischer Held treu. Erneut tut er das richtige, erneut verliert er seine große Liebe, erneut ordnet er sein Wohl dem Wohl der anderen unter.

Als Drogon plötzlich auftaucht sieht es für einen Moment so aus, als ob der Drache den „Queenslayer“ grillen oder fressen würde. Doch weit gefehlt! Drogon trauert zwar um seine Mutter, stupst ihren im Schnee liegenden Leichnam an, richtet seinen Feuerstoß dann aber gegen…den Eisernen Thron! Und so wird DER zentrale Macguffin des ganzen Epos, DAS Symbol der ganzen Saga, von der Kraft zerstört, aus welcher er entstand: Drachenfeuer. Den leblosen Körper Daenerys‘ bei sich fliegt Drogon davon, möglicherweise nach Valyria.

Ein paar Wochen später, der Staub in King’s Landing hat sich etwas gelegt. Tyrion wird in Ketten von Grey Worm zur Drachengrube gebracht, wo sich am Ende von Staffel 7 die Kriegsparteien für einen Waffenstillstand versammelt hatten. Nun findet sich dort das Who-is-Who der noch lebenden Lords und Ladies von Westeros. Nicht nur der namenlose neue Prinz von Dorne (an der Kleidung gut erkennbar), Yara Greyjoy von den Iron Islands, die Stark-Geschwister Sansa, Arya und Bran, sondern auch Ser Brienne, Ser Davos, Samwell Tarly sowie der zum stattlichen jungen Mann herangewachsene Robin Arryn, Lord des Grünen Tals, samt Ziehvater Lord Royce und last but not least: Edmure Tully, Bräutigam der Roten Hochzeit und (wieder) Lord von Riverrun, nebenbei noch Onkel der Starks. Eigentlich sollte die illustre Runde über das Schicksal von Verräter Tyrion und Königin-Mörder Jon Snow entscheiden. Doch eine Einigung erscheint vor allem hinsichtlich des Schicksals von Jon schwierig. Schwer gezeichnet von seiner Gefangenschaft reißt Tyrion die Situation an sich und schlägt vor einen neuen Monarchen für das Reich zu wählen. Edmure will sich für den Posten ins Spiel bringen, wird aber von seiner Nichte Sansa zurückgepfiffen. Samwell schlägt vor die betreffende Person nicht nur von Lords und Ladies wählen zu lassen, sondern von allen Bewohnern. Die Vorstellung von direkter Demokratie wäre in der Welt von Game of Throne allerdings ein unvorstellbarer Quantensprung, weswegen der Vorschlag auch zu Gelächter unter den Anwesenden führt.

Und so ward Brandon „Bran the Broken“ Stark, dreiäugiger Rabe und Erster seines Namens zum König der Andalen und der Ersten Menschen, Beschützer des Reiches und Herr der sechs Königslande gewählt. Nur sechs Königslande? Ja, richtig, der Norden sagt sich mit Zustimmung des neuen Königs vom Rest des Reiches los. Quasi ein „Northexit“. Und die Erbmonarchie wird ebenfalls abgeschafft. Nach dem Ableben des alten wird ein neuer Herrscher gewählt. Keine Demokratie sondern eine Art Aristokratie. Als Kompromiss beschließt der neue König, seinen Cousin Jon Snow an die Mauer zu verbannen, zur Nachtwache! Nun beginnt der Epilog von Game of Thrones.

Während Grey Worm und die Unbefleckten sich gen Naath aufmachen, um die wehrlos-friedliebenden Bewohner von Missandeis Heimat zu beschützen, nehmen Bran, Arya und Sansa von Jon Abschied. Die neue Lordkommandantin der Königsgarde (mit dem dreiäugigen Raben als Verzierung auf der goldenen Rüstung), Ser Brienne of Tarth, vollendet den Eintrag ihres verschiedenen Vorgängers, Ser Jaime Lannister. Anschließend kommt es zum Treffen des neuen kleinen Rates: Tyrion Lannister (Hand des Königs), Ser Davos (Master of Ships), Grandmaester Samwell Tarly, Brienne und Ser Bronn of the Blackwater, der neue Lord von Highgarden und Finanzminister in Personalunion. Stolz präsentiert Samwell einen dicken Wälzer über die Kriege nach dem Tod von Robert Baratheon mit dem schönen Titel: A Song of Ice and Fire.
Der neue König macht sich auf die Suche nach dem letzten Drachen und die hitzigen Beratungen des Rates über wichtige Dinge wie den Aufbau der Flotte oder den Wiederaufbau der abgebrannten Bordelle beginnen. Ach ja und Sängerknappe Podrick Payne ist jetzt auch Ritter.

Die Schlussmontage gehört allerdings den Starks. Sansa wird zur Königin des Nordens gekrönt, Arya segelt auf einem Schiff, um die unerforschten Lande westlich von Westeros zu ergründen; Jon hingegen kommt in Castle Black bei der (Wildlings-)Nachtwache an, wo er auf seinen alten Kumpel Tormund sowie seinen Schattenwolf Ghost trifft. Gemeinsam macht man sich auf eine Reise nördlich der Mauer.

Das war’s auch schon. Ich bin nach der durchwachsenen finalen Staffel mit der allerletzten Folge recht zufrieden. Für mich ein versöhnliches Ende. Aus der Asche der alten Monarchie erhebt sich eine neue Herrschaftsform mit einem König, den (so glaube ich) nur wenige auf der Rechnung hatten. Und welch schöner Ausklang. Besonders rund empfinde ich die Schlussszene auch deshalb, weil die Serie dort endet wo sie begann. In den Wäldern jenseits der Mauer. Mit Jon Snow, dem personifizierten Lied von Eis und Feuer.

End of Game of Thrones

And now my watch is ended

Noch ein kleiner Programmhinweis zum Schluss:
Am Montag (27. Mai) erscheint bei Sky Game of Thrones: The Last Watch, eine zweistündige Dokumentation über die Dreharbeiten der letzten Staffel.


Credits:
Bilder (c) HBO
Die Wordclouds wurden mit Tagul erstellt.


Penny Dreadful – Das Serienfinale

6. Juli 2016

Eigentlich wollte ich die neuen Folgen von Penny Dreadful beim vorletzten Serien-Montag besprechen. Doch technische Probleme beim Streaminganbieter sorgten dafür, dass ich die beiden Episoden (die, wie ich zwischenzeitlich erfahren musste, das Serienfinale darstellen) erst später sehen konnte…

Warnung: Spoiler zu den letzten beiden Episoden!!!

Penny Dreadful_Cloud

Mit den letzten beiden Folgen der dritten Staffel (3×08/3×09) endet die in vielerlei Hinsicht geniale Horrorserie aus der Feder von Drehbuchautor John Logan (der zum Beispiel an den Scripts der letzten beiden James Bond-Filme beteiligt war). Da ich den Schock über den Verlust einer der, meiner geringen Ansicht nach, besten Serien seit langem erst einmal verdauen musste, hat es zwei Wochen bis zur Fertigstellung der Besprechung des Finales gedauert. Kommen wir nun zu den letzten 100 Minuten eigenwilliger und intensiver viktorianischer Phantastik aus dem Pay-TV.

3×08 „Perpetual Night“ / 3×09 „The Blessed Dark“

44 Minuten (3×08), 56 Minuten (3×09). Drehbuch: Krysty Wilson-Cairns (8), John Logan (9).
Regie: Damon Thomas (8), Paco Cabezas (9).

„And then all light will end and the world will live in darkness.The very air will be pestilence to mankind. And our brethren, the Night Creatures, will emerge and feed. Such is our power, such is our kingdom, such is my kiss.“ Vanessa Ives (Eva Green)
Penny Dreadful_3x09_Titel


Eigentlich hatte ich angefangen, jede einzelne Szene, oder zumindest jede wichtige, der beiden letzten Episoden aufzudröseln. Aber die Sache wurde mir nach einigen Tagen zu aufwändig. Daher werde ich mich auf die Analyse einzelner, besonderer Stellen beschränken.

Obigen Monolog (in fett und kursiv), der von Vanessa Ives zu Beginn der achten Folge gesprochen wird, ist neben der Abspielung einer Tonbandaufzeichnung das Einzige, was wir von der Figur erst einmal mitbekommen. Zu sehen gibt es die frischgebackene Dracula-Braut erst wieder in der allerletzten Episode.

Nachdem sich Frankensteins Kreatur (dessen richtigen Namen wir nie erfahren) wieder an sein Leben vor dem Tod erinnern konnte und die Wiedervereinigung mit seiner Familie, Ehefrau Marjorie und Sohn Jack, erfolgte, erliegt Jack wenig später seiner schweren Krankheit (da er öfter Blut hustete vermutlich Tuberkulose). Diese Szenen werden ruhig und pietätvoll gestaltet. Leider hat die Kreatur Marjorie von seiner Wiedererweckung durch Doktor Frankenstein erzählt und genau dieses Wunder erwartet die Gattin für den gerade verstorbenen Sohn. John Clare versucht ihr zu erklären, was diese Prozedur für entsetzliche Folgen haben kann, doch sie will nichts davon hören und verlangt von ihrem Mann den Sohn wieder lebendig machen zu lassen oder gar nicht zurück zu kommen. Und wieder bleibt der armen Kreatur von Frankensteins Gnaden ein Happy End verwehrt. In Rory Kinnears grandiosem Spiel manifestiert sich diese eindringliche Traurigkeit.

Penny Dreadful_3x08_LigaWas die Endzeitstimmung angeht, werden alle Register gezogen. Nebel und Dunkelheit umgeben London. Ratten bevölkern die Straßen, Kröten kriechen aus den Kanälen durch die Leitungen. Eine endlose Nacht wie es scheint. Malcolm, Ethan und Gaetana ziehen gemeinsam mit den Dres. Frankenstein und Seward sowie der ebenfalls kampferprobten Thanatologin Catriona Hartdegen in den Kampf gegen die Vampire und ihren Fürsten.

Zuvor entschließt Victor Frankenstein sich, Lily doch nicht durch das neue Wundermittel in eine „ordentliche Frau“ zu verwandeln. In einer intensiven Performance von Schauspielerin Billie Piper gelingt es der Unsterblichen ihrem Schöpfer klar zu machen, dass ihre Identität nicht nur aus der ursprünglich naiven, unschuldigen Lily besteht, sondern auch aus dem von allen Schattenseiten, die man sich vorstellen kann, geprägten Leben von Brona, die sich als Straßendirne verdingte und deren Tochter im Säuglingsalter gestorben ist. Victor lässt Brona/Lily schließlich ziehen („It’s too easy being monsters. Let us be humans then.“). Da kehrt Dr. Henry Jekyll von seinem Rundgang im Bedlam-Krankenhaus zurück und verkündet, dass sein verhasster Vater endlich Löffel und Adelstitel abgegeben hat. Victor gratuliert seinem Kollegen und nennt ihn bei seinem neuen Titel: Lord Hyde. Bei dem Foreshadowing zu Beginn der Staffel ist das natürlich eine eher enttäuschende Auflösung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, aber näher betrachtet haben wir mit Brona Croft/Lily Frankenstein schon eine entsprechende Figur. Von daher ist es kein totaler Reinfall.

Penny Dreadful_3x08_DorianDorian Gray verbannt die Prostituierten, die im Ballsaal seiner großen Villa als Mitglieder von Lilys Slasher-Suffragetten-Bewegung zusammengefunden hatten, aus seinem Haus, und zwar dorthin zurück, wo sie hergekommen sind. Justine, die Chefacolytin, kann nicht zurück, schließlich wurde sie vor dem sicheren Tod in einem gruseligen Folterkeller gerettet. Dorian sieht das ein und nach einem letzten Kuss gibt er dem jungen Mädchen den Gnadengenickbruch. Subtil wird hier die letzte Szene zweier anderer Figuren angedeutet. Als Lily aus ihrer Gefangenschaft zurückkehrt, steht Dorian teilnahmslos im großen Saal, Justines Leichnam immer noch am Boden, als ob sie lediglich schliefe. Kurz vor dem Endkampf noch der Abschied von den beiden „Beloved Immortals“. Dorian Gray bekommt die Gelegenheit, seine letzten Szene in der Serie denkwürdig zu gestalten, mit einem ungemein poetischen Monolog:

„Do you not yet comprehend the wicked secret of the immortal? All age and die, save you. All rot and fall to dust, save you. Any child you bear becomes a crone and perishes before your eyes. Any lover withers and shrinks into incontinence and bent, toothless senility. While you, only you, never age. Never tire. Never fade. Alone. But after a time, you’ll lose the desire for passion entirely, for connection with anyone. Like a muscle that atrophies from lack of use. And one day you’ll realize you’ve become like them. Beautiful and dead. You have become a perfect, unchanging portrait of yourself.“ Dorian Gray (Reeve Carney)

Penny Dreadful_3x09_Dorian und die GemaeldeTolles Schlusswort für einen Unsterblichen, der anschließend fast verloren in seiner Halle steht, deren Wände von unzähligen Gemälden bedeckt sind. Wenn das kein Bewerbungsvideo für einen „Production Design Emmy“ ist! Und das Grammophon spielt Casta Diva aus der Oper Norma von Bellini.

Auch wenn das Finale von Penny Dreadful insgesamt recht antiklimatisch aufgezogen wird, so muss ein heftiger Showdown von Malcolm, Ethan, Kaetenay, Victor, Catriona und Dr. Seward gegen die Vampir-Schergen von Dracula schon sein, nach einer kurzen Begegnung mit Dracula himself, der seinen Schlachthausbesuchern freies Geleit und langes Leben anbietet. Doch das heterogene Sextett stürzt sich todesmutig ins Kampfgetümmel und gewinnt die Oberhand. Zwar können es unsere Helden mit der übermenschlichen Kraft Draculas nicht aufnehmen, aber Ethan gelingt es, fast unbemerkt zu entkommen und er macht sich auf die Suche nach Vanessa. Die ist auch nicht schwer zu finden. Denn der Weg in ihr „Refugium“ ist mit unzähligen Kerzen ausgelegt.

Penny Dreadful_3x09_VanessaIn einem Raum mit noch viel mehr Kerzen, der dem Mittelpunkt einer Kirche ähnelt findet er sie. Sie trägt ein graues, gewickeltes Kleid. Ihr Gesicht ist totenbleich, die Augen rot unterlaufen. Ethan bittet sie, mit ihm zu kommen, doch Vanessa weigert sich. Sie kann nicht weiter davonlaufen, nicht von sich selbst. Ethan erklärt ihr, dass auch er am Rande des Abgrunds stand, aber seinen Tiefpunkt überwunden hat. Vanessa hält dagegen. Ihr ewiger Kampf muss endlich enden. Schließlich erinnert Vanessa Ethan an ihr gemeinsames Schicksal: er muss ihr helfen, die Mächte der Finsternis zu besiegen, um dadurch das Ende aller Tage zu verhindern. Ethan weigert sich, das zu tun, was Vanessa gleich von ihm verlangen wird. Unter Tränen nimmt sie seinen Revolver und legt die Waffe in seine rechte Hand („With a kiss. With love.“). Dem letzten Kuss folgt das bewegendste „Vater Unser“ der ganzen Film- und Fernsehgeschichte. Dann drückt Ethan ab und hält die sterbende Vanessa im Arm, die mit ihrem letzten Atemzug Frieden findet.

Im Schlachthof sind Ethans Mitstreiter alle am Boden. Dracula droht gerade Malcolm zu erwürgen. Doch er wendet sich ab, weil er gewahr wird wie Ethan mit Vanessas Leichnam auf den Armen hervortritt. Voller Trauer sind die Blicke von Malcolm, Victor und den anderen, während die Sonne durch ein riesiges Loch im Dach herunterscheint. Das erste Mal seit Wochen. Der Nebel legt sich. London erwacht wieder zum Leben.

Malcolm und Ethan sinnieren über die Zukunft. Beide haben ihre Familien verloren, Malcolm spätestens mit seiner „Tochter“ Vanessa. Caliban/John Clare übergibt den toten Körper seines Sohnes nicht etwa an Victor Frankenstein sondern dem Fluss. WährendVanessas Sarg transportiert wird, Malcolm, Victor, Ethan, Catriona, Kaetenay und Dr. Seward an ihrem Grab stehen und Caliban aus der Ferne mittrauert, rezitiert er das Gedicht Ode: Intimations of Immortality (1804) des englischen romantischen Dichters William Wordsworth (1770-1850). Als die anderen Trauernden gegangen sind, kniet Caliban an Vanessas Grab.

THE END

Natürlich ist es nachvollziehbar, dass diese so tolle Serie mit dem Tod der zentralen Figur endet. Aber dennoch macht sich bei mir als großem Fan (und sicherlich auch bei anderen) Wehmut breit, ob des noch vorhandenen Potenzials der von Logan auf Basis der viktorianischen Phantastik adaptierten und erschaffenen Figuren. Auch wenn das Mysterium um Dorian Gray den Hauptreiz der Figur ausmacht, so hätten wir gerne mehr über den unsterblichen Dandy erfahren, z.B. wie lange er wirklich schon auf Erden weilt.

Wie würde eigentlich eine Begegnung von Ethan mit Brona/Lily aussehen? Und was spricht eigentlich für eine Spinoff-Serie mit dem Titel „The Immortals“, mit Dorian Gray, Brona Croft/Lily Frankenstein, Caliban/John Clare und Dracula in den Hauptrollen? Denn der von Christian Camargo (The Hurt Locker, House Of Cards) charismatisch verkörperte Vampirfürst verliert zwar durch den Tod seiner Geliebten unmittelbar seine Macht, stirbt aber nicht. Im Grunde genommen weiß man als Zuschauer gar nicht, was nach dem Finale mit ihm passiert. Eine von mehreren offenen Fragen am Ende.

Als Kandidaten für ein Nachfolgeprojekt würden sich theoretisch auch Sir Malcolm, Ethan und Catriona Hartdegen empfehlen, die gemeinsam ihren Kampf gegen die lauernden, dunklen Mächte mit der Lösung mysteriöser Fälle in London fortsetzen. Ägyptologe Ferdinand Lyle (den wir im PD-Finale schmerzlich vermisst haben) und Kaetenay könnten als Berater fungieren. Auch die Zukunft des noch jungen Victor Frankenstein birgt Potenzial für weitere Stories aus John Logans viktorianischer Feder. Doch ob und was für eine Fortführung es von Penny Dreadful überhaupt geben wird, das weiß nur Master Logan allein.

Der Schock über das für alle Fans plötzliche Serienende sitzt noch tief. Es heißt zwar im Volksmund: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber im Falle von Penny Dreadful hätten wir gerne noch mehr Schrecken im Sinne von ausgeklügeltem Horror erlebt. Um es mit einem Episodentitel aus der 2. Staffel zu sagen: Glorious Horrors.

9-10Penny Dreadful

PrintHorrorserie USA/UK/Irland 2014-2016. 27 Folgen in 3 Staffeln. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren.
In den Hauptrollen:
Timothy Dalton, Eva Green, Josh Hartnett, Reeve Carney, Rory Kinnear, Billie Piper, Harry Treadaway, Danny Sapani, Simon Russell Beale, Helen McCrory, Patti LuPone, Wes Studi.
In weiteren Rollen:
Douglas Hodge, Sarah Green, Olivia Llewellyn, Shazad Latif, Christian Camargo, Noni Stapleton, Samuel Barnett, Stephen Lord, Jessica Barden, David Haig, Jonny Beauchamp u.a.
Idee:
John Logan. Drehbuch: John Logan, Andrew Hinderaker, Krysty Wilson-Cairns.
Regie: Damon Thomas, James Hawes, Brian Kirk, Pace Cabezas, J.A. Bayona, Coky Giedroyc, Dearbhla Walsh u.a. Kamera: John Conroy, Owen McPolin, Nigel Willoughby, P.J. Dillon, Xavi Giménez. Schnitt: Michele Conroy, Christopher Donaldson, Geoff Ashenhurst, Aaron Marshall, Jaume Martí, Bernat Vilaplana, Gareth C, Scales. Szenenbild: Jonathan McKinstry. Kostüme: Gabriella Pescucci. Musik: Abel Korzeniowski.

Bilder und Dialogzitate (c) Showtime/John Logan.


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