James Bond jagt Dr. No

5. Oktober 2022

Heute vor 60 Jahren, am 5. Oktober 1962, startete der von Autor Ian Fleming erschaffene Geheimagent mit der Kennnummer 007 seinen Siegeszug über die Kinoleinwände dieses Erdballs und etablierte in James Bond jagt Dr. No, von Regisseur Terence Young und mit Sean Connery in der Hauptrolle, eine der erfolgreichsten und langlebigsten Filmreihen. Grund genug, den ersten Bond-Streifen einer erneuten Sichtung zu unterziehen.

„Bond, James Bond.“

Als Raketenstarts der USA in Cape Canaveral wegen mysteriöser Energiewellen aus Richtung Jamaika beeinträchtigt werden und Commander Strangways, der Kontaktmann des britischen Geheimdienstes in Kingston, verschwindet, schickt Geheimdienstchef M (Bernard Lee) seinen Agenten James Bond 007 (Sean Connery) von London in die Karibik. In Kingston angekommen macht Bond gleich Bekanntschaft mit den Handlangern eines unbekannten Gegners sowie mit CIA-Agent Felix Leiter (Jack Lord). Die Spur führt Bond und Leiter zu Crab Key, einer abgeschottenen Insel, welche Dr. No (Joseph Wiseman) gehört, der unter den Einheimischen für Angst und Schrecken sorgt. Bei Nachforschungen mit dem Fischer Quarell (John Kitzmiller) auf der Insel Crab Key trifft 007 auf die Muschelsammlerin Honey Ryder (Ursula Andress). Doch die Schergen Dr. Nos sind ihnen auf den Fersen…

Der Kanadier Harry Saltzman und der Amerikaner Albert R. „Cubby“ Broccoli produzierten die Adaption von Dr. No, dem sechsten Buch der Bond-Romanreihe, gemeinsam für das Studio United Artists. Das Budget war selbst für damalige Verhältnisse mit ca. 1,1 Millionen Dollar nicht gerade üppig und sicherlich mitverantwortlich dafür, dass einige Passagen aus der Vorlage nicht übernommen werden konnten und es mit dem Hauptquartier des titelgebenden Bösewichts nur ein großes Setpiece gab. Doch Bühnenbildner Ken Adam, ein prägender Mann für den Look der Filmreihe bis Ende er 1970er, macht das Beste aus seinen begrenzten Möglichkeiten. Gedreht wurde vom 16. Januar bis 30. März 1962, in London und Jamaika, bis zur Unabhängigkeit ab 6. August des gleichen Jahres britische Kolonie. Ganz in der Nähe einiger Drehorte befindet sich übrigens Goldeneye, das Anwesen von Ian Fleming, in welchem er alle Bond-Romane schrieb. Am 5. Oktober 1962 fand die Weltpremiere in London statt, fünf Tage später startete der Film in britischen Kinos. Auf den Leinwänden Deutschlands war James Bond jagt Dr. No ab dem 25. Januar 1963 zu sehen.

Der allererste 007-Streifen etablierte bereits viele Markenzeichen der Filmreihe. Das Gunbarrell-Opening, das von Monty Norman geschaffene und von John Barry arrangierte ikonische James Bond Theme (hier noch als „Titelsong“), exotische Schauplätze, einen größenwahnsinnigen Bösewicht mit verheerendem Plan, Bonds bevorzugtes Getränk (Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt), diverse attraktive Frauen (welche dem Protagonisten nicht alle wohlgesonnen sind), pointierte Dialoge, die Zusammenarbeit mit Felix Leiter vom CIA und mehr. Trotz des im Vergleich zu den ausufernden Spektakeln der späteren Filme reduzierten Settings und einer nach aktuellen Maßstäben eher gemächlichen Inszenierung kann „Dr. No“ als Einstieg überzeugen.

Das hängt natürlich auch mit dem Hauptdarsteller zusammen. Sean Connery (1930-2020), damals 31, drückte der Rolle seinen Stempel auf und verkörperte perfekt den britischen Agenten, der zwischen stilvollem Gentleman und knallhartem Killer pendelt. Quasi als Mutter aller Bondgirls ging die Schweizerin Ursula Andress in der Rolle von Honey Rider in die (Bond-)Filmgeschichte ein. Ihr erster Auftritt im weißen Bikini aus dem Wasser (der übrigens erst nach etwa einer Stunde stattfindet) wurde oft kopiert, bleibt aber unerreicht. Als Felix Leiter ist hier Jack Lord, der später als Leading Man der Krimiserie Hawaii Fünf-Null (1968-1980) große Bekanntheit erlangte, zu sehen.

Aus heutiger Sicht kann man einige Dinge am ersten 007-Streifen (und sicher auch an den folgenden) zurecht problematisch finden. Die Darstellung der Frauen und der Umgang mit ihnen, das koloniale Gehabe der weißen Figuren und das Whitewashing bzw. Yellowfacing, in Person von Dr. No und Miss Taro, die beide von nichtasiatischen Akteuren gespielt werden, würde man in heutigen Filmen sicherlich nicht mehr in dieser Form vorfinden. Bisher habe ich jeden der 25 Bond-Streifen mindestens ein oder zweimal, wenn nicht öfter, gesehen. Dass ich Dr. No bei der kürzlichen Wiederholungssichtung nach langer Zeit mit anderen Augen und Ohren erleben konnte lag auch an der hervorragenden Qualität der BluRay-Fassug (Bestandteil der 2016 erschienenen Box aller Filme bis Spectre [2015]) sowie der Tatsache, dass ich erstmals die englische Originalfassung sichtete.

James Bond jagt Dr. No ist auf DVD und BluRay erschienen sowie auch bei diversen Streaminganbietern verfügbar.

Zu meiner ersten Rezension zum Film vom 22. September 2006 auf Vieraugen Kino geht es HIER.

James Bond jagt Dr. No (Dr. No)
alternativ: James Bond – 007 jagt Dr. No
Agentenfilm UK, USA 1962. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 110 Minuten. Kinostart: 25. Januar 1963.
Mit: Sean Connery, Ursula Andress, Jack Lord, Joseph Wiseman, John Kitzmiller, Zena Marshall, Anthony Dawson, Eunice Gayson, Bernard Lee, Lois Maxwell u.a. Nach dem Roman von Ian Fleming. Drehbuch: Richard Maibaum, Johanna Harwood und Berkely Mather. Regie: Terence Young.

Credits
Bilder (c) United Artists/MGM/Fox.

 

 


Inside Job: Folgen 1 bis 3

28. Juli 2022

Nach der enttäuschenden Netflix-Miniserie The Pentaverate habe ich mich kürzlich einer anderen Produktion des Streamingdienstes zum Thema Verschwörungstheorien zugewandt, der animierten Comedyshow Inside Job.


Inside Cognito Inc.

Die hochbegabte Erfinderin Reagan Ridley (Originalstimme: Lizzy Caplan) ist in die Fußstapfen ihres alkoholkranken und in den Zwangsruhestand versetzten Vaters Rand Ridley (Christian Slater) beim Unternehmen Cognito Inc. getreten. Die Firma ist führend in der Duchführung und Vertuschung unterschiedlichster Verschwörungen. An ihrem ersten Tag als Teamleiterin muss Reagan allerdings feststellen, dass ihr Boss J.R. (Andy Daly) ihr den Yale-Absolventen und profillosen Ja-Sager Brad (Clarke Duke) als „Co-Teamleitung“ vor die Nase setzt. Als Brad beim restlichen Team – der PR-Expertin Gigi (Tisha Campbell), dem Biochemiker Andre Lee (Bobby Lee), dem Delfin-Mensch-Hybriden/Supersoldaten Glenn (John DiMaggio) und dem pilzähnlichen Magic Myc (Brett Gelman) – ankommt, erkennt Reagan allmählich das Potenzial der Zusammenarbeit…

The Pentaverate, eine sechsteilige, von Mike Myers für Netflix geschaffene Miniserie über einen der Menschheit wohlgesonnen Geheimbund und diesen umgebende Verschwörungserzählungen bot zwar den kanadischen Verwandlungskünstler in acht Rollen auf, erwies sich aber auch über weite Strecken als nicht witzig sowie recht niveaulos und ließ das Potenzial der Thematik sträflich ungenutzt. Dennoch hielt ich die 160 Minuten Gesamtlaufzeit durch. Mit der Hoffnung auf eine bessere (Comedy-)Serie zum Thema Verschwörungen wagte ich mich an Inside Job, eine bereits im Oktober 2021 veröffentlichte, animierte Netflix-Produktion. Die von Autorin, Zeichnerin und Produzentin Shion Takeuchi (u.a. Disenchantment) erfundene Show spielt in einer Welt, in welcher alle erdenklichen und noch so abstrusen Verschwörungstheorien (die Erde ist eine Scheibe bzw. hohl, die Mondlandung wurde im Filmstudio gedreht, geheime Mächte und/oder Reptiloide kontrollieren die Geschicke der Welt etc.) wahr sind. Die technologisch brilliante, aber sozial unbeholfene Protagonistin Reagan arbeitet für Cognito Inc, ein Konzern, welcher die geheimen Machenschaften vertuscht, verwaltet und voranbringt. Das klingt auf dem Papier herrlich abstrus und potenziell spaßig, aber das Endprodukt entpuppt sich leider früh als recht banale Workplace-Comedy. Daher war für mich nach drei von zehn Folgen Schluss mit Inside Job. Nicht weil alles komplett misslungen wäre – der Voicecast um Lizzy Caplan (Masters of Sex), Christian Slater (True Romance, Mr. Robot), John DiMaggio (Futurama, Disenchantment) und Brett Gelman (Fleabag, Love [Netflix-Serie]) ist sogar recht gut – aber ich hatte eben keine Lust auf eine weitere durchwachsene „Conspiracy Comedy“.

Die erste Staffel von Inside Job ist seit dem 22. Oktober 2021 bei Netflix abrufbar. Eine zweite Season wurde bereits bestellt.

Inside Job
Science-Fiction-Comedy/Animationsserie USA 2021. 10 Folgen (Staffel 1). Gesamtlänge: ca. 280 Minuten. Originalsprecher: Lizzy Caplan (Reagen Ridley), Clark Duke (Brett Hand), Christian Slater (Rand Ridley), Tisha Campbell (Gigi), Andy Daly (J.R. Schleimpough), John DiMaggio (Glenn Dolphman), Bobby Lee (Dr. Andre Lee), Brett Gelman (Magic Myc) u.a. Idee: Shion Takeuchi.

 


Credits
Bilder (c) Netflix.

 

 

 


Matrjoschka: Staffel 2

13. Mai 2022

Über drei Jahre (!) nach der ersten ist vor wenigen Wochen endlich die zweite Staffel von Matrjoschka erschienen. Die von Natasha Lyonne (auch an Drehbuch, Regie und Produktion beteiligt) gespielte Nadia erlebt kurz vor ihrem 40. Geburtstag neue zeitliche Anomalien.


Time Prisoner

Vier Jahre zuvor war die Videospieldesignerin Nadia Vulvokov (Natasha Lyonne) in einer Zeitschleife gefangen und erwachte nach unzähligen Toden immer wieder auf der Party ihres 36. Geburtstags, welche ihre Freundin Maxine (Greta Lee) veranstaltete. Irgendwann gelang es Nadia und dem ebenfalls gefangenen Alan Zaveri (Charlie Barnett) dem temporären Loop zu entkommen. Kurz vor ihrem 40. Geburtstag hat Nadia mit dem fragilen Gesundheitsszustand ihrer Vertrauten Ruth (Elizabeth Ashley) eigentlich genug Sorgen. Doch als sie in einen Zug der Subway-Linie 6 steigt befindet sie sich plötzlich im Jahr 1982 und im Körper ihrer Mutter (Chloë Sevigny) wieder, die gerade mit Nadia hochschwanger ist. Auch Alan erlebt seine eigene Zeitreise in die Vergangenheit eines Familienmitglieds…

Über drei Jahre und zweieinhalb Monate nach dem Starttermin von Staffel 1 von Matrjoschka (Originaltitel: Russian Doll), der von Schauspielerin Natasha Lyonne (American Pie, Orange is the New Black), Regisseurin Leslye Headland (Sleeping with Other People) und Comedienne Amy Poehler (Saturday Night Live, Parks and Recreation) geschaffenen Mystery-Dramedy über eine 36jährige New Yorkerin in einer Zeitschleife feierte am 20. April 2022 endlich Season 2 bei Netflix Premiere. Freilich hat auch hier die Corona-Pandemie und deren Folgen für das Film- und Fernsehbusiness zur langen Wartezeit beigetragen, aber könnten die Kreativen hinter der Serie zwischendrin nicht eventuell selbst in einem Loop gefangen gewesen sein? Das Ausharren hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Denn die zweite Staffel gewinnt dem Szenario durchaus neue Facetten ab.

Es wäre möglich gewesen, Protagonistin Nadia und ihren „Mitgefangenen“ Alan einfach erneut eine Zeitschleife durchleben zu lassen. Diese hätte dann allerdings noch abgedrehter als die im ersten Jahr sein müssen. Doch stattdessen haben sich Lyonne, Headland, Poehler und ihre Co-Autorinnen etwas anderes einfallen lassen. Die rothaarige, dauerquasselnde und ständig paffende Antiheldin findet sich plötzlich nicht nur im Jahre 1982 wieder, sondern dazu noch im Körper ihrer hochschwangeren Mutter Nora wieder, die Nadia sehr bald auf die Welt bringen wird. Diese absurde Situation bringt Nadia allerdings die mögliche Gelegenheit, die gestohlenen Wertsachen ihrer ungarischen Großmutter Vera (Irén Bordán) wieder zu erlangen. Alan findet sich nach seiner Subway-Fahrt im Ostberlin von 1962 wieder. Aber so viel sei verraten: bei diesen drei Jahreszahlen bleibt es nicht.

Mit seinem kontinuierlichen Wechsel zwischen den Zeitebenen wirkt Staffel 2 fast wie eine abgespveckte Version von Dark nur eben als Comedy und ohne endlose, banale Dialoge. Außerdem verspürte ich wegen den Szenen in Ostberlin etwas Deutschland 83-Vibe. Doch steht hier nicht ein ausgeklügelter Zeitreiseplot oder die Kittung der eigenen Familiengeschichte im Mittelpunkt. Matrjoschka bleibt auch im zweiten Jahr gekonnt diffus. Nadia, Alan und die Zuschauer müssen sich ihren eigenen Reim aus der ganzen Geschichte machen. Leider wirkt Alans Storylines etwas unterentwickelt, als ob eine Episode fehlen würde, die wegen den Einschränkungen in der Pandemie nicht gedreht werden konnte (siehe His Dark Materials: Staffel 2). Obwohl die sieben Folgen der zweiten effektiv die gleiche Gesamtlaufzeit wie die acht Episoden der ersten Runde besitzen hätte mehr Zeit der inhaltlichen Ausarbeitung nicht geschadet. Dadurch wirkt Season 2 nicht ganz so stark wie Nummer eins. Aber Natasha Lyonne (auch Regisseurin von drei Folgen sowie Co-Autorin von vier) als „vom Feuer geküsste“ Protagonistin bei ihren temporalen Abenteuern im Großstadtdschungel zuzusehen dürfte allein das Einschalten wert sein. Hoffentlich dauert es nicht wieder drei Jahre bis die Serie weitergeht.

Staffel 2 von Matrjoschka ist seit dem 20. April 2022 bei Netflix abrufbar.


Matrjoschka: Staffel 2
(Russian Doll: Season 2)
Dramedy/Mysteryserie USA 2022. 7 Folgen. Gesamtlänge: ca. 211 Minuten.
Mit: Natasha Lyonne, Charlie Barnett, Greta Lee, Elizabeth Ashley, Chloë Sevigny u.a. Idee: Natasha Lyonne, Leslye Headland, Amy Poehler. Regie: Natasha Lyonne und Alex Buono.


Credits
Bilder (c) Netflix.

 

 

 

 

 


The Guardians of Justice

23. April 2022

Ziemlich unter dem Radar läuft bei Netflix die Mixed-Media-Serie The Guardians of Justice, eine kuriose Superhelden-Pastiche von Autor, Produzent und Regisseur Adi Shankar (u.a. Dredd, Castlevania).


„For the greater good“ oder Adi Shankar’s Justice League

1947 landete der außerirdische Superheld Superman Marvelous Man (Will Yun Lee) auf der Erde, beendete den Dritten Weltkrieg und brachte der Welt Frieden. Gemeinsam mit dem kostümierten Vigilanten Batman Night Hawk (Diamond Dallas Page) gründete und führte Marvelous Man in der Folge das Superhelden-Team „Guardians of Justice“. Vierzig Jahre später begeht Marvelous Man während einer Fernsehansprache an seinem Ehrentag Selbstmord vor laufenden Kameras. Die Weltöffentlichkeit ist geschockt und der fragile Frieden bedroht. Night Hawk übernimmt sogleich die „Ermittlungen“ im Todesfall seines besten Freundes und Weggefährten. War es möglicherweise kein Suizid, sondern doch Mord? Sind die weiteren Guardians The Flash Speed (Sharni Vinson), Awesome Man (Derek Mears), Banshee Blue Scream (Jackson Rathbone), Black Canary Black Bow (Tiffany Hines), Aquaman King Tsunami (Kellan Lutz) und Wonder Woman Golden Goddess (Preeti Desai) vielleicht sogar in den Tod Marvelous Mans verwickelt?

Aditya „Adi“ Shankar wurde 1985 im indischen Kalkutta geboren und kam in jungen Jahren in die USA. Der Comic- und Videospiel-Enthusiast agierte als ausführender Produzent bei actionlastigen Filmen wie Machine Gun Preacher, The Grey (beide von 2011), der Comicverfilmung Dredd (2012) und A Walk Among the Tombstones (2014). Zwischen 2017 und 2021 fungierte Shankar als Showrunner der animierten Dark-Fantasy-Serie Castlevania, die auf dem gleichnamigen Videogame basiert. Für Aufsehen sorgte er allerdings mit seinem „Bootleg- Universe“, das als Youtube-Reihe mit unautorisierten, kurzen Fanfilmen (wie Punisher: Dirty Laundry, Venom: Truth in Journalism oder James Bond: In Service of Nothing) begann und mittlerweile seine offizielle Produktionsfirma bildet. The Guardians of Justice war ursprünglich unter dem Titel „Adi Shankar’s Gods and Secrets“ beim hochwertigen US-Bezahlsender HBO geplant, landete aber schließlich bei Netflix. Shankar liefert als Serienschöpfer, Co-Autor, Produzent und Co-Regisseur mit der siebenteiligen Serie nicht nur eine Mischform von real gedrehten Szenen und unterschiedlichsten Animationsstilen ab, sondern auch einen kuriosen Hybrid aus Rip-Off, Parodie, Satire des und Hommage ans Comichelden-Genre. Wie man unschwer (auch am Titel) erkennen kann stand vor allem das Superheldenteam namens Justice League (von Zack Snyder und Joss Whedon kürzlich verfilmt) Pate. Aber das Comic-Universum von DC war beileibe nicht der einzige Einfluss.

Hinsichtlich der Struktur, Figurenkonstellation und des Settings in einem alternativen 1987 bedient sich TGOJ auch sehr bei Watchmen, jener ikonischen Graphic Novel mit welcher Autor Alan Moore und Zeichner Dave Gibbons 1986/87 das Thema Superhelden in Comics nachhaltig prägten und die 2009 als Filmversion umgesetzt wurde sowie zehn Jahre später eine Fortsetzung als Limited Series erfuhr. Die Ausgangssituation ist im Grunde die gleiche. Ein prominenter Superheld stirbt, einer seiner Mitstreiter untersucht den Todesfall und stößt dabei auf ungeahnte Geheimnisse. Zudem werden in der Story auch noch Elemente von Marvel, dem anderen amerikanischen Comicgiganten, sowie weitere Versatzstücke verarbeitet. Dass für die Serie kein wirklich großes Budget zur Verfügung stand merkt man zwar an manchen Stellen etwas, doch Shankar und sein Team umgehen diese Problematik in dem sie nur einen Teil der Handlung als mit Schauspielern gedrehte Szenen umsetzen und ansonsten diverse Animationstechniken anwenden. Die Mischung aus Live-Action sowie diversen Animationsstilen und -techniken (klassischer Zeichentrick, Rotoskopie, CGI- und Knet-Animation) machen The Guardians of Justice zu einer besonderen Mixed-Media-Erfahrung. Hinzu kommen auch noch Sequenzen als 8-Bit-Videospielgrafik. Generell werden die meisten Kampfszenen wie bekannte Beat-Em-Up-Games aus den 1980ern oder 1990ern aufgemacht. Die gelungene Eighties-Ästhetik wird zudem durch den stilechten Synthie-Score des schwedischen Elektronikmusikers Oscillian musikalisch perfekt untermalt.

Rein audiovisuell bietet TGOJ einen atemloses, überbordendes, beeindruckendes und immer wieder überaus brutales (seit Langem hat mich Netflix wieder nach dem Jugendschutzcode gefragt) Feuerwerk, das Comicfans, Gamer und Achtziger-Fetischisten gleichermaßen abholt. Doch Shankar begnügt sich nicht mit diesen überaus ästhetischen Oberflächenreizen, sondern nutzt das Format auch aus, um das amerikanische Superheldentum und vor allem seine reaktionären, kulturimperialisten Tendenzen zu karikieren und zu dekonstruieren. Dabei erreicht er zwar nie die Qualität von Watchmen, doch erweist sich seine Art, die Thematik umzusetzen aus meiner Sicht als die am besten geeignete. Wie ich finde sollten klassische Comichelden-Stories am besten wie hier verfilmt werden und nicht als meist austauschbare Mega-Blockbuster, welche um die 200 Millionen Dollar (oder mehr) kosten.

Alle 7 Folgen von The Guardians of Justice sind seit dem 1. März 2022 im Angebot von Netflix.

The Guardians of Justice
Superhelden-Action-Serie USA 2022. 7 Folgen. Gesamtlänge: ca. 206 Minuten. Mit: Diamond Dallas Page, Sharni Vinson, Derek Mears, Will Yun Lee, Jane Seymour u.v.a. Idee: Adi Shankar.

 

Credits
Bilder (c) Bootleg Universe/Netflix.

 

 


The Bubble (2022)

16. April 2022

Auch im April hat Netflix wieder ein paar Film-Eigenproduktionen veröffentlicht, darunter The Bubble. Die Komödie von Judd Apatow handelt von einer Gruppe Schauspieler, die während eines Filmdrehs während der Corona-Pandemie von der Außenwelt isoliert wird.


Lagerkoller in der Pandemie

Die weltweite Covid19-Pandemie hat auch Hollywood lahmgelegt. Um die Maschinerie am Laufen zu halten beautragt Studiochefin Paula (Kate McKinnon) den Produzenten Gavin (Peter Serafinowicz) mit dem Dreh von Cliff Beasts 6, dem neuesten Teil der erfolgreichen Dinosaurier-Blockbuster-Reihe. Schauspielerin Carol Cobb (Karen Gilen) lässt sich von ihrem Agenten überreden, nach ihrem Fernbleiben bei Teil 5 wieder zum Franchise zurückzukehren. Die Abwesenheit im Vorgänger haben Carol ihre Kollegen Sean Knox (Keegan-Michael Key), Howie Frangopolous (Guz Khan) sowie Lauren Van Chance (Leslie Mann) und Dustin Mulray (David Duchovny), ein geschiedenes Ehepaar, übelgenommen. In einem Hotel in England werden Cast und Crew von der Außenwelt abgeschottet. Der mit einem Oscar-ausgezeichnete, aber drogen- und sexsüchtige Dieter Bravo stößt genau wie die erfolgreiche Influencerin Krystal Kris (Iris Apatow) neu dazu. Nach 14 Tagen Quarantäne beginnen die Dreharbeiten unter der Regie des früheren Indie-Filmemachers Darren Eigen (Fred Armisen). Doch mit der Zeit gestaltet sich die Produktion als immer chaotischer und verrückter. Trotz strikter Sicherheitsvorkehrungen kommt es immer wieder zu positiven Covid-Tests und diverse Unglücksfälle beeinträchtigen zudem den Dreh…

Wie soviele Lebensbereiche hat die Corona-Pandemie auch das Filmbusiness zwischenzeitlich lahmgelegt. Die Dreharbeiten unzähliger Filme und Serien mussten ab dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 pausiert werden. Außerdem kam es auch unter Beachtung der Schutzmaßnahmen zu Covid19-Infektionen, welche eine Unterbrechung der Produktion und eine Verzögerung der Fertigstellung diverser Filme nach sich zogen. Mit am meisten beeinträchtigt wurde dabei das Dino-Sequel Jurassic World 3. Die Dreharbeiten mussten ab Mitte März 2020 pausieren. Erst im Juli des gleichen Jahres konnte weitergefilmt werden. Die Darsteller und Regisseur Colin Trevorrow wurden in einem Hotel nahe den Pinewood-Studios in England isoliert. Obwohl man strikte Hygiene-und Schutzmaßnahmen installierte kam es immer wieder zu positiven Tests und die Produktion konnte erst nach 100 Drehtagen im November 2020 beendet werden. Komödien-Spezialist Judd Apatow (Jungfrau (40), männlich, sucht…, Beim ersten Mal, Love [Netflix-Serie]) inspirierten die realen Vorgänge und so schrieb er gemeinsam mit Pam Brady (South Park, Team America: World Police) das Skript über einen Filmdreh während der Isolation in einer „Blase“. The Bubble, von Apatow auch produziert und inszeniert, klingt auf dem Papier wie eine herrliche Satire über das Filmbusiness, das Endprodukt entpuppt sich leider als insgesamt zu zahme Meta-Comedy.

Es gelingt Apatow durchaus, die absurde-ungewisse Situation in der Pandemie humoristisch zu verarbeiten. Vor allem kommt es immer wieder zu Unwägbarkeiten hinsichtlich der Hygiene-Maßnahmen und in der Folge zu Krankheitsausbrüchen und teils dramatischen Vorfällen in der titelgebenden Blase, so dass der Lagerkoller der Star-Schauspieler nachvollziehbar wirkt. Doch insgesamt erweist sich die Netflix-Produktion als zu lang und kann auch keine sonderlich hohe humoristische Dichte aufweisen. Wie bei Apatow üblich wurde auch immer wieder improvisiert, doch fehlt es der ganzen Geschichte am Feinschliff. Viele Szenen wirken zu geschwätzig und der Film etwas zu überfrachtet. Während Hauptakteurin Karen Gillan (Doctor Who, Guardians of the Galaxy) als Carol, die eher widerwillig im sechsten Cliff Beast-Teil mitspielt, um ihre stagnierende Karriere wieder anzukurbeln, noch halbwegs überzeugen kann kranken die Performance der anderen namhaften Darsteller wie Keegan-Michael Key (Key and Peele), David Duchovny (Akte X, Californication) oder Pedro Pascal (Game of Thrones, The Mandalorian) daran, dass ihre Figuren zu wenig hergeben. Etwas besser kommen Apatows Ehefrau Leslie Mann (Beim ersten Mal, Immer Ärger mit 40) als rollschuhfahrende Lauren und Tochter Iris (Love) als ignorante Tiktokerin Krystal, die aus Marketinggründen engagiert wurde, zur Geltung. Viel spaßiger fand ich persönlich die unzähligen „Nebendarsteller“ wie den mit urtümlich-britischer Physiognomie ausgestatteten Harry Trevaldwyn als Gesundheitsbeauftragter Gunther, Maria Bakalova (Borat Anschluss Moviefilm) als von Dieter umgarnte Hotelmitarbeiterin Anika oder Ross Lee als schmieriger Sicherheitschef Mr. Best.

Vom Film-im-Film mit dem vollständigen Titel Cliff Beasts 6: The Battle for Everest: Memories of the Requiem gibt es einige Szenen zu sehen, die erst in ihrer „fertigen“ Form gezeigt werden, bevor die Illusion verschwindet und man die Schauspieler vor karger Studiokulisse und massivem Greenscreen herumhampeln sieht. Als Platzhalter für die später am Computer eingefügten Kreautren müssen die „Mocap Guys“ Tip (Ben Ashenden) und Cyrill (Alexander Owen) herhalten. Ihr Job erinnerte mich irgendwie an Sketche der Monty Pythons. Die fiktive Filmreihe um gefährliche Dinos versteht sich natürlich als Parodie auf die Jurassic Park– und Jurassic World-Reihe und durch die Anwesenheit von Karen Gillan auch auf die Jumanji-Abenteuerkomödien, doch sehe ich aufgrund der vereinzelten Gewaltspitzen und einiger eher wahlloser Cameos (u.a. Daisy Ridley, John Lithgow, Benedict Cumberbatch, James McAvoy) stärkere Bezüge zum trashigen Sharknado-Franchise. Gelungen ud amüsant fand ich die gelegentlich eingestreuten Tiktok-Musikvideos.

The Bubble ist seit dem 1. April 2022 bei Netflix abrufbar.


The Bubble
Komödie USA 2022. 126 Minuten.
Mit: Karen Gillan, Iris Apatow, Keegan-Michael Key, Leslie Mann, David Duchovny, Pedro Pascal, Fred Armisen, Peter Serafinowicz, Maria Bakalova, Vir Das, Guz Khan, Harry Trevaldwyn, Samson Kayo, Danielle Vitalis, Galen Hopper, Ross Lee, Kate McKinnon u.a. Drehbuch: Judd Apatow und Pam Brady. Regie: Judd Apatow.

Credits
Bilder (c) Netflix.

 


Die Folterkammer des Dr. Fu Manchu

3. April 2020

Er ist böse, er ist mächtig. Und er will IMMER NOCH die Weltherrschaft: Dr. Fu Manchu! Nach der misslungenen Sache mit dem alten Inka-Gift (siehe Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu) hat der Finsterling einen neuen teuflischen Plan: er will die Ozeane vereisen, sollten die Weltmächte ihm nicht gehorchen! Vorhang auf für Die Folterkammer des Dr. Fu Manchu!

Neuer Schmu mit Fu Manchu

Nachdem Tele 5 vor einigen Tagen nicht nur Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu sendete, sondern auch Die Folterkammer des Dr. Fu Manchu, den fünften und letzten Teil der von Harry Alan Towers produzierten Filmreihe mit Christopher Lee (frei nach Romanen von Sax Rohmer), konnte ich dem Bann des asiatischen Superschurken erneut nicht widerstehen. Was soll ich sagen? Etwa, dass ich hinterher recht schlitzige Augen hatte?

Dr. Fu Manchu (Christopher Lee) will die uneingeschränkte Weltherrschaft! Um sein Ziel zu erreichen erpresst er die Regierungen der Großmächte. Sollten diese nicht innerhalb von zwei Wochen seinen Forderungen nachgeben droht Fu Manchu die Ozeane der Erde dank einer neuen Erfindung zu vereisen. Mit dieser hat der Bösewicht bereits ein schweres Schiffsunglück in der Karibik ausgelöst. Scotland Yard beauftragt seinen besten Mann, Nayland Smith (Richard Greene), die teuflischen Machenschaften Fu Manchus zu stoppen. Smith und sein Assistent Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) reisen in die Türkei, wo sie das Versteck des Superschurken zurecht vermuten. Fu Manchu benötigt zur Durchführung seines Plans allerdings nicht nur die Opiumvorräte Anatoliens, sondern auch die Expertise des gefangenen Wissenschaftlers Professor Henderson (Gustavo Re). Doch dieser ist schwer herzkrank und hat nur noch wenige Tage zu leben. Daher entführt Lin Tan (Tsai Chin), Fu Manchus Tochter, die Herzspezialisten Dr. Kessler (Günther Stoll) und Dr. Koch (Maria Perschy). Auch der Gangsterboss Omar Pascha (Jose Manuel Martin) und seine Tochter Lisa (Rosalba Neri) sind in die ganze Sache verwickelt…

Bei Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu fand ich den Trailer besser als den Film an sich. Beim vorliegenden Nachfolger habe ich mir die Vorschau gespart und mich gleich in die seichten Fahrwasser dieses überaus lahmen Eurotrash-Streifens gestürzt. „Folterkammer“ wäre vermutlich gerne eine coole Lightversion von James Bond – Liebesgrüße aus Moskau, entpuppt sich aber als (erneut) hirnlos zusammenschnippelte Nullnummer, die weder als Agententhriller, Actionkracher noch als Katastrophenfilm auch nur annähernd funktioniert. Da werden einfach beliebte Motive zusammengeklaut (etwa das Duo Nayland Smith/Dr. Petrie als Sherlock Holmes und Dr. Watson für ganz Arme; für die Angelszene mit Dr. Petrie bitte schleunigst 5.000 Euro in die Schlechte-Wortwitz-Kasse zahlen!) und mit austauschbaren Plotpoints vermischt. Mit einer halbwegs ordentlichen Inszenierung wäre das ja nicht so schlimm, aber wie im Vorgänger wird die ganze Handlung unfassbar lahm und leblos runtergespult. Zwar hatte ich durch die ganz nett eingefangenen Locations in Spanien und der Türkei anfangs den Eindruck, dass „Folterkammer“ besser gelungen sein könnte als „Todeskuss“, aber nach Ende der Sichtung muss ich diese Meinung klar widerrufen. Die zweite Hälfte des Films spielt passenderweise überwiegend im Dunkeln, damit man die billigen Kulissen nicht so gut sieht. Dennoch bleibt nur allzu deutlich erkennbar wie miserabel die Kampfszenen choreographiert und abgedreht wurden. Eie Horde Grundschüler hätte das möglicherweise besser hingekriegt.

Um diese Machwerk besser genießen zu können empfehle ich folgendes Trinkspiel: jedes Mal wenn der Name der Titelfigur genannt wird einen kippen. Wer eher wenig Alkohol verträgt dürfte schon nach zehn Minuten blau sein. Das macht aber überhaupt nichts! Im Gegenteil. Ich gehe jetzt finstere Gesichtsausdrücke vor dem Spiegel einüben.

Die Folterkammer des Dr. Fu Manchu
Action/Abenteuer Deutschland, Italien, Spanien, UK 1969. FSK 12. 81 Minuten (gekürzte deutsche Fassung, PAL-DVD). Mit: Christopher Lee, Richard Greene, Tsai Chin, Günther Stoll, Maria Perschy, Howard Marion-Crawford, Rosalba Neri, José Manuel Martin, Gustavo Re u.v.a. Nach Motiven von Sax Rohmer. Drehbuch: Harry Alan Towers alias Peter Welbeck und Manfred Barthel. Regie: Jess Franco.

 


Credits
Bilder (c) Kinowelt.


Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu

2. April 2020

Er ist böse, er ist mächtig. Und er will die Weltherrschaft: Dr. Fu Manchu! Mit einem antiken Inka-Gift plant der teuflische Asiate seine Gegner ein für alle Mal zu vernichten, in Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu!


Früher war nicht alles besser!

Mit einem hinterhältigen Plan will Dr. Fu Manchu (Christopher Lee) die Weltherrschaft an sich reißen. Ein wiederentdecktes altes Gift der Inkas, gegen das Frauen immun sind, welches für Männer aber erst Blindheit und nach kurzer Zeit den Tod bedeutet, soll das Werkzeug sein. Fu Manchu und seine Tochter Lin (Tsai Chin) entsenden mit dem Gift infizierte junge Frauen in die Metropolen der Welt, um die mächtigsten Herren mit dem Kuss des Todes aus dem Weg zu räumen. Auch Fu Manchus alter Widersacher Nayland Smith (Richard Greene) soll auf diese Weise ausgeschaltet werden. Die hübsche Celeste (Loni von Friedl) küsst Smith und er erblindet sofort. Doch seine Freunde Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) und Carl Jansen (Götz George) sowie die Missionskrankenschwester Ursula Wagner (Maria Rohm) lassen nichts unversucht, um Fu Manchus Versteck im Dschungel Südamerikas aufzuspüren und ein Gegenmittel zu finden…

Vor etwa zehn Jahren stolperte ich im Bonusmaterial einer DVD (möglicherweise war es die von Vampire gegen Herakles) auf den Trailer zu Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu. Auch wenn ich mich über diese trashige Vorschau damals köstlich amüsiert habe so sollte es bis ins Jahr 2020 dauern ehe ich in den „Genuss“ dieses Actionabenteuers kam. Früher (vor meiner Geburt und als meine Eltern noch Kinder bzw. Teenager waren) kam jeder Schund in die Kinos. Dieser Endruck entsteht zumindest, wenn man bedenkt welche B- und C-Movies, die heutzutage sicherlich direkt auf DVD, im Fernsehen oder bei einem Streaminganbieter landen würden, es auf die große Leinwand schafften. Zu diesen zweifelhaften Machwerken gehört auch Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu von 1968. Unter der Ägide des britischen Produzenten Harry Alan Towers erschienen in den 1960ern insgesamt fünf Filme über den chinesischen Superschurken, nach Motiven der Romanreihe von Sax Rohmer. „Todeskuss“ war der vierte Teil und der erste von zweien, der vom berüchtigten spanischen Regisseur Jess Franco inszeniert wurde. Die Hauptrolle in allen fünf Teilen spielte niemand Geringeres als Christopher Lee, der sich seit Dracula (1958) einen Namen als Bram Stokers berühmter Vampir in diversen Produktionen gemacht hatte. Der junge Götz George (nach seinen Winnetou-Nebenrollen und vor seinerm ersten Schimanski-Auftritt) verkörpert hier einen der Helden, den Abenteurer Carl Jansen, eine Art Allan Quartermain für Arme.

Überhaupt wird hier die ganze Geschichte völlig lieblos heruntergekurbelt. Ein paar Nebencharaktere (wobei Charaktere schon zuviel gesagt ist) zuviel, uninspirierte Locationaufnahmen in Brasilien, eine recht chaotische Story, stümperhaft gefilmte Kampfszenen (selbst die Rolle-Rückwarts-Stunts aus Mit Schirm, Charme und Melone sehen besser aus!) und ein Bösewicht mit übelstem Yellowface sowie dem lächerlichsten Schnurrbart der Filmgeschichte. Das schmissige Titelthema von Gert Wilden passt besser zu einer 1970er Samstagabend-Show. Franco „würzt“ diese wild zusammengestückelte Melange aus Südamerika-Western, Abenteuerfilm und Agententhriller natürlich noch mit diversen exploitativen Szenen (leichtbekleidete Frauen in Ketten usw.). Die stereotypisch-rassistische Darstellung von Chinesen allein ist schon schlimm genug. Aber die komplette Produktion so unspannend abzuspulen, unfassbar! Und ich denke jetzt nicht, dass die elf Minuten, um welche die deutsche Version gekürzt wurde, den ganzen Streifen wirklich besser machen. Passend zur Qualität hat Tele 5 diesen Film kürzlich in einer krieseligen 4:3-Fassung gesendet. Vermutlich eine verstaubte VHS-Kassette (die jüngeren unter den Lesern mögen VHS bitte googeln), vom Praktikanten beim Ausmisten im Keller entdeckt.

Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu ist auf DVD erhältlich, auch in einer Gesamtedition mit den vier anderen Fu Manchu-Filmen mit Christopher Lee.

Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu
Abenteuerfilm Deutschland, Spanien, UK, USA 1968. FSK 16. 78 Minuten (gekürzte deutsche Fassung, PAL-DVD). Mit: Christopher Lee, Götz George, Richard Greene, Howard Marion-Crawford, Tsai Chin, Ricardo Palacios, Maria Rohm u.a. Nach Motiven von Sax Rohmer. Drehbuch: Harry Alan Towers alias Peter Welbeck. Regie: Jess Franco.

Credits
Bilder (c) Kinowelt


Matrjoschka (Kurzkritik)

7. März 2019

Eine eigenbrötlerische New Yorkerin stirbt, nur um immer wieder die Nacht ihres 36. Geburtstags zu durchleben. Party ohne Ende? Sex and the City meets Und täglich grüßt das Murmeltier? Matrjoschka hat mehr zu bieten…

Live and Let Die

Nadia (Natasha Lyonne) ist eine erfolgreiche, aber zynische Computerspiel-Programmiererin. Zu ihrem 36. Geburtstag veranstaltet Nadias beste Freundin Maxine (Greta Lee) eine große Party, zu der auch Nadias Ex-Freund John (Yul Vasquez) eingeladen wurde. Als Nadia dem großen Trubel zu entfliehen versucht, stirbt sie plötzlich. Um völlig überraschend wieder dort „aufzuwachen“, wo der Abend begann, in Maxines Badezimmer. Nadia erkennt, dass sie in einer Art Schleife gefangen zu sein scheint. Denn immer wieder segnet sie auf unterschiedliche Arten das Zeitliche, um am Abend der Party neu anzufangen. Überaus irritiert versucht Nadia herauszufinden, was mit ihr passiert. Könnte möglicherweise ihr lockerer Umgang mit Drogen für ihren „Zustand“ verantwortlich sein…?

In Und täglich grüßt das Murmeltier erlebt der griesgrämige Wettermoderator Phil (Bill Murray) immer wieder den „Murmeltier-Tag“, bis er sich besinnt und ein „besserer“ Mensch wird. Ein überraschend unkitschiger, witziger und herzerwärmender Film. 26 Jahre später durchlebt Natasha Lyonne (American Pie) als launige New Yorkerin eine Zeitschleife und das in einer achtteiligen Serie. In Filmen wie Edge of Tomorrow und Source Code wird diese Prämisse im Science-Fiction-Gewand verarbeitet. Matrjoschka (Originaltitel: Russian Doll) beschreitet allerdings andere Wege. Die von Lyonne mit ihrer Schauspielkollegin Amy Poehler (Parks and Recreation) und Regisseurin Leslye Headland (Sleeping with Other People) erschaffene Show, die auf ein rein weibliches Drehbuch- und Regie-Team setzt, verweigert sich einer konkreten (um nicht zu sagen banalen) Lösung oder Erklärung. Außerdem verzichtet man bei der Geschichte auf einen effektheischenden Plottwist, der die ganze Sache auf den Kopf stellen würde. Geschickt werden hier und da kleine Hinweise fast wie Brotkrumen verstreut sowie verschiedene Motive eingebaut. Die diffuse, recht authentische Entwicklung der Handlung erlaubt es jedem Zuschauer, sich seinen eigenen Reim auf die Serie zu machen und die kuriose Situation auf Augenhöhe mit der Protagonistin zu erleben. Hauptdarstellerin Natasha Lyonne stolpert mit krächzend-rauchiger Stimme als dauerpaffende Nadia (mit ihrer mächtigen roten Haarpracht optisch eine Mischung aus Curly Sue und Pumuckl) durch eine Welt zwischen leicht überzeichneter Hipster-Blase und heterogenem Großstadtviertel.

Alle acht Episoden von Matrjoschka sind seit dem 1. Februar 2019 bei Netflix abrufbar.

Matrjoschka (Russian Doll)
Dramedy/Mysteryserie USA 2019. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 212 Minuten.
Mit: Natasha Lyonne, Greta Lee, Charlie Barnett, Elizabeth Ashley, Yul Vasquez u.a. Idee: Natasha Lyonne, Leslye Headland, Amy Poehler.

 

Credits:
Bilder (c) Netflix.


The Gifted – Folgen 1 bis 6

22. Februar 2018

Weil sich die beiden Kinder als Mutanten entpuppen muss eine vierköpfige Familie ihr bisheriges Leben hinter sich lassen und untertauchen. Dies ist die Prämisse von The Gifted, einer neuen Serie aus dem X-Men-Universum.

The Gifted – Folgen 1 bis 6 Science-Fiction-Serie USA 2017. Episodenlänge: ca. 42 Minuten. TV-Erstausstrahlung: 17. Januar 2018.
Mit: Stephen Moyer, Amy Acker, Sean Teale, Natalie Alyn Lind, Percy Hynes White, Coby Bell, Jamie Chung, Blair Redford, Emma Dumont, Elena Satie u.a. Idee: Matt Nix. Nach Comics von Stan Lee und Jack Kirby.

 

Fast NiX Neues

In nicht allzu ferner Zukunft. Die Existenz von Mutanten, Menschen mit besonderen Fähigkeiten, ist der Weltöffentlichkeit bekannt. Sowohl die X-Men als auch die Bruderschaft von Magneto sind verschwunden. Mutanten werden als potenzielle Terroristen verfolgt. Staatsanwalt Reed Strucker (Stephen Moyer) hat schon des öfteren solch „gefährliche“ Individuen hinter Gittern gebracht. Doch seine Ansichten bezüglich der „Begabten“ ändern sich, als seine eigenen Teenager-Kinder, Lauren (Natalie Alyn Lind) und ihr jüngerer Bruder Andy (Percy Hynes White), sich als Mutanten herausstellen. Nach einem Zwischenfall in der Highschool, bei welchem Lauren und Andy ihre Kräfte offenbaren, gerät die Familie ins Visier der Sentinel Service, einer Spezialeinheit zur Ergreifung von Mutanten. Reed, dessen Ehefrau und Krankenschwester Caitlin (Amy Acker) sowie die Kinder begeben sich auf eine abenteuerliche Flucht und suchen Kontakt zum lokalen Mutanten-Untergrund. Führende Mitglieder dieses Netzwerkes sind Marco „Eclipse“ Diaz (Sean Teale), John „Proudstar“ Thunderbird (Blair Redford) und Sonya „Dreamer“ Simonson (Elena Satie). Bei der Rettung der flüchtigen Clarice alias Blink (Jamie Chung) wurde Marcos schwangere Freundin Lorna „Polaris“ Dane (Emma Dumont) von der Polizei gefasst und ausgerechnet von Reed ins Gefängnis überstellt. Den flüchtigen Struckers dicht auf den Fersen: Agent Jace Turner (Coby Bell) von den Sentinel Services…

Nach Legion (Staffel 1 mittlerweile auf DVD und BluRay erhältlich, Staffel 2 ab 04.04.2018 beim deutschen Fox Channel) kommt mit The Gifted die zweite Serie welche im Universum von Marvels Comic-Mutanten spielt, mit den bisherigen Kinofilmen (z.B. X-Men, X-Men 2, X-Men: Der letzte Widerstand, X-Men: Erste Entscheidung, X-Men: Zukunft ist Vergangenheit und X-Men: Apokalypse) aber nur lose verbunden ist. Die Figuren basieren zum Teil auf vorhandenen Sprechblasen-Vorbildern, sind aber auch Eigenkreationen von Serienschöpfer Matt Nix (Burn Notice) und seinem Autorenteam.

Obwohl ich persönlich keine großen Erwartungen an The Gifted hatte (und vor allem nicht der Illusion verfalle, dass die neue Show nur annähernd an die unbeschreiblich grandiose erste Runde von Legion heranreichen könnte), so bin ich doch eher unbeeindruckt, wenngleich die Produktion des US-Networks Fox keinesfalls misslang. Nur leider gewinnt The Gifted dem Stoff kaum etwas Neues ab, vor allem wenn man eine oder mehrere der erwähnten Filme und/oder die thematisch sehr ähnliche Serie Heroes sowie deren Nachfolger Heroes Reborn schon kennt. Selbst die Verbindung mit tagesaktuellen Thema wie Terrorismus und Flüchtlingskrise bringen da keinen besonderen Mehrwert. Immerhin wird die Handlung schnörkellos inszeniert (bei der Pilotfolge führte Bryan Singer Regie, bei der zweiten Folge der unter anderem durch Underworld bekannte Len Wiseman) und die Actionszenen sind glücklicherweise alles andere als überladen.

Aus den oben erwähnten Gründen endet meine Sichtung der Mutanten-Show nach sechs Episoden. Es gibt schließlich noch viele andere interessantere Serien, die meine Aufmerksamkeit verdienen, etwa die 11. Staffel von Akte X, die nächste Woche (Mittwoch 28. Februar 2018) ihre Free-TV-Premiere auf Pro Sieben feiert. Und ab April kehrt schließlich Legion zurück.

The Gifted läuft seit dem 17. Januar 2018 immer mittwochs um 21:00 Uhr beim deutschen Pay-TV-Sender Fox Channel und ist über die Streamingplattformen von Sky und Vodafone abrufbar.

Fazit: Die ersten sechs Folgen von The Gifted liefern zwar solide Serienkost, bleiben hinsichtlich der Mutanten-Thematik aber recht uninspiriert. 5 von 10 Punkten.


 

Credits:
Bilder © Fox/Fox Channel Deutschland.


Erster Eindruck: Twin Peaks

10. September 2017

September 2017. Filmkritiker und Blogger mwj hat die in Plastik verpackte DVD-Komplettbox von Twin Peaks enthüllt und startet seine jungfräulichen Recherchen über die Kultserie…

Jeder Film- und Serienfan hat Bildungslücken. Manche mehr, mancher weniger gravierend. Die Größe meiner Lücke namens Twin Peaks erahnte ich schon länger, doch erst die Tatsache, dass dieses Jahr eine Rückkehr der Kultserie von Mark Frost und David Lynch stattfand, brachte mich (auch auf das Betreiben einer Bloggerkollegin hin) etwas verspätet dazu, Twin Peaks in Angriff zu nehmen. Mit meinem früheren Arbeitskollegen/guten Freund und seiner Ehefrau startete ich am Samstag Abend den ersten Ausflug in das abgelegene Städtchen und seine Geheimnisse mit dem Pilotfilm in der US-Fassung.

Februar 1989. In Twin Peaks, einer Kleinstadt im Bundesstaat Washington (Nordwesten der USA), wird die in Plastikfolie eingewickelte Leiche der 17jährigen Schülerin Laura Palmer (Sheryl Lee) gefunden. Sowohl die Palmer-Familie als auch die meisten Einwohner sind tief bestürzt. Sheriff Harry S. Truman (Michael Ontkean) holt sich für die Ermittlungen Unterstützung durch das FBI in Person von Special Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan). Ein erster Verdacht fällt auf Lauras festen Freund Bobby Briggs (Dana Ashbrook). Doch bald wird klar, dass Laura auch eine andere Beziehung pflegte…

Obgleich ich nach 90 Minuten noch nicht viel über den Inhalt der Serie sagen kann, so fällt mir bereits zu Beginn auf, dass die ganze Szenerie wie aus der Zeit gefallen wirkt und nicht wirklich weil Twin Peaks vor 27 Jahren das erste Mal über die (amerikanischen) Bildschirme flimmerte. Kostüme und Locations erzeugen eine eigenwillige Vermischung der 1950er und 1980er Jahre, erstere vor allem durch die Mode der Hoghschool-Schüler wie Bobby Briggs, Donna Hayward und James Hurley oder das typisch-amerikanische Diner. Die Menschen wirken eher realistisch dargestellt, Bewohner eines idyllischen Städtchens wie man sie sich auch heute noch vorstellen könnte. Die langsame Inszenierung mit einer eher statischen Kameraführung und unglaublich langen Takes (vor allem bei Gesprächsszenen) unterstützen den authentischeren Ansatz.

Einerseits sind manche Figuren auf den ersten Blick aber auch recht banal und die gefühlsbetonen Momente wirken nicht selten etwas überzogen oder kitschig. Frost und Lynch rühren hier einen surrealen Cocktail aus Kleinstadtidyll, Kriminalfall und Soap Opera unter teils verschrobenen Charakteren an, der zudem kräftig mit absurder Situationskomik gewürzt wird. Der Score von Angelo Badalamenti wechselt zwischen unheilschwangeren Synthie-Klängen, romantischen Klavierpassagen und lässigem Jazz.

Nach den ersten 90 Minuten bin ich jedenfalls sehr gespannt welche Geheimnisse die Stadt mit den eindrucksvollen Bäumen und dem Sägewerk in kommenden Episoden noch bereithält.

Das Geheimnis von Twin Peaks (Twin Peaks: Pilot / Northwest Passage)
USA 1990. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 90 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Kyle MacLachlan, Michael Ontkean, Mädchen Amick, Dana Ashbrook, Richard Beymer, Lara Flynn Boyle, Sheryl Fenn, Warren Frost, Peggy Lipton, James Marshall, Everett McGill, Jack Nance, Ray Wise, Joan Chen, Piper Laurie, Harry Goaz, Grace Zabriskie u.v.a. Idee & Drehbuch: Mark Frost und David Lynch. Regie: David Lynch.

Bilder (c) Paramount.


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