Iron Sky: The Coming Race

25. März 2023

Iron Sky von Regisseur Timo Vuorensola, über Nazis von der dunklen Seite des Mondes, konnte mich nicht wirklich überzeugen. Knapp sieben Jahre später erschien die Fortsetzung Iron Sky: The Coming Race, in dem jene mystischen Wesen im Mittelpunkt stehen, vor denen uns einige „Eingeweihte“ schon länger gewarnt haben: Reptiloide!

Von der Hohlerde und dem heiligen Gral

2047. 29 Jahre nach dem Nazis vom Mond die Erde angriffen und der daraus resultierende Atomkrieg die Erde unbewohnbar gemacht hat leben die letzten Menschen, nur noch knapp 2.000, auf der alten Mondbasis. Diese droht jedoch auseinanderzubrechen. Unter Führung der mittlerweile sehr kränklichen Renate Richter (Julia Dietze) gelingt es die heterogene Gesellschaft auf der Basis irgendwie zusammenzuhalten. Obi (Lara Rossi), Tochter von Renate und dem mittlerweile verstorbenen James Washington, nutzt ihr technisches Talent, um die lebensnotwendigen Systeme notdürftig am Laufen zu halten.

Bild (c) Splendid

Da taucht plötzlich ein Raumschiff von der Erde auf, mit dem russischen Piloten Sascha (Vladimir Burlakov) und wenigen Überlebenden an Bord. Eine mysteriöse Gestalt entsteigt ebenfalls dem desolaten Vehikel und begibt sich sogleich in ein geheimes Versteck. Obi folgt der Person, die sich als Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier), der totgeglaubte, aber ziemlich lebendige Ex-Führer der Mondnazis, zu erkennen gibt. Kortzfleisch erzählt Oba, dass er in Wirklich ein hoch entwickelter reptiloider Alien ist, der vor Jahrmillionen mit seinen Artgenossen, den Vril, auf der Erde landete und dort die Evolution etwas beschleunigte. Die Vril leben noch immer dort, wo sie sich schon immer versteckt halten: im Innern der Hohlerde. Oba hofft dort die Vril-Energie zu finden, um ihre kranke Mutter zu heilen. Gemeinsam mit Sascha, dem schlagkräftigen Soldaten Malcolm (Kit Dale) und einer Gruppe von Steve-Jobs-Anhängern unter Donald (Tom Green) macht sie sich in Saschas Schiff auf dem Weg zur Erde…

Trotz einer herrlich bescheuerten Prämisse, für das nicht besonders große Budget von 7,5 Millionen Euro ordentlichen Production Values und ein paar gelungenen Gags war ich von Iron Sky (2012), der Nazisploitation-Scifi-Klamotte von Regisseur Timo Vuorensola und seinem Team, eher enttäuscht. Die Aneinanderreihung diverser Witzchen und Elemente wirkte auf mich zu beliebig, zu brav und plump. Dennoch habe ich mir kürzlich die Fortsetzung Iron Sky: The Coming Race angesehen. Zu meiner ziemlichen Überraschung erweist sich das Sequel aus meiner Sicht als wesentlich witziger und stimmiger.

Bild (c) Splendid

Nach einigen Verzögerungen bei der Erstellung der visuellen Effekte und Geldproblemen kam die im letzten Quartal 2015 in Belgien gedrehte Fortsetzung vor vier Jahren, im März 2019, schließlich in die Kinos. Teile des Budgets waren wieder durch Crowdfunding gesammelt worden. Mit 17 Millionen Euro standen dieses Mal mehr als das Doppelte als beim Vorgänger zur Verfügung. Und erneut sieht die ganze Produktion mehr als ordentlich aus. Die vielerorts gelesene Kritik an den CGI-Effekten kann ich nicht nachvollziehen. Hollywood hätte für das gleiche Geld sicherlich weniger Ansehnliches geliefert.

Wie ich finde werden im zweiten Teil die ganzen eingestreuten Versatzstücke und Elemente besser zu einem Ganzen kombiniert. Natürlich ist das alles ziemlich haarsträubend und absurd, aber eben einfach durchgezogen, so plakativ albern und behämmert das ganze Szenario sein mag. Die Sache mit den übermächtigen Vril-Menschen in der Hohlerde stammt aus dem Roman The Coming Race (deutsch: Das Geschlecht der Zukunft, 1871) von Edward „It was dark and stormy night“ Bulwer-Lytton (1803-1873). Dass es Reptilienmenschen auf der Erde gibt und diese die Geschickte der Welt leiten gehört zu den klassischen Verschwörungstheorien und geht wohl auf die Erzählung The Shadow Kingdom (1929) von Robert E. Howard zurück.

Drehbuchautor Dalan Musson, der auch schon eine Folge der MCU-Serie The Falcon and the Winter Soldier in seiner Vita stehen hat, vermischt diese Kernpunkte der Handlung mit Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde (1864), Arthur Conan Doyles Die vergessene Welt (1912) sowie Anleihen bei Indiana Jones und den Star Wars-Filmen (das rostige Schiff Saschas sieht dem Millenniumfalken ähnlich). Das alles ergibt natürlich wenig Sinn, macht aber unheimlich Spaß, wenn man sich als Zuschauer*n auf so eine absichtlich trashige Veranstaltung einlassen kann. Mit dem Kult der Jobsisten, jener in Reinweiße gekleideter Sekte, wird die irrational Verehrung des einflussreichen Apple-Gründers und anderer Tech-Unternehmer gekonnt durch den Kakao gezogen.

Bild (c) Splendid Film

Bei ähnlicher Motivlage und viel mehr Budget erreicht The Coming Race dann nicht ganz das Niveau von Danger 5. Doch wo die australische Serie ein absurden Sammelsuriums von Retro-Ästhetik und Versatzstücken aus B-Movies der 1960er und 1980er abliefert vermischt der zweite Iron Sky-Film die Zutaten zu einem überbordenden, aber süffigen Neo-Pulp-Cocktail, welcher die ganzen Verschwörungstheorien (allein schon durch die „Enthüllung“, welche historische Persönlichkeiten alle zu den Reptiloiden gehören) als das entlarvt, was sie sind: alberne Spinnereien, die man zu keiner Zeit Ernst nehmen sollte.  


Nachdem Teil 1 an der Kinokasse gerade so die Produktionskosten wieder einspielen konnte standen beim Box Office von The Coming Race am Ende nur ein paar Hunderttausend Euro Einnahmen. Sicherlich ein Grund, warum das Studio Iron Sky Universe im Oktober 2020 Bankrott ging. Bereits 2017 wurde mit The Ark ein weiterer Film aus dem Franchise angekündigt, in Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen. Hollywoodstar Andy Garcia (Der Pate III, Ocean’s Eleven) soll darin den Anführer eines geheimen Ordens der Illuminati verkörpern. Weder von diesem Projekt noch von einer möglichen direkten Fortsetzung der beiden Hauptfilme hat man seitdem irgendetwas Substanzielles gehört.

Iron Sky: The Coming Race ist seit 27. September 2019 auf BluRay und DVD erhältlich sowie als Stream bei unzähligen Anbietern verfügbar.

Iron Sky: The Coming Race
Science-Fiction-Komödie Finnland, Deutschland, Belgien 2019. FSK 12. 93 Minuten. Kinostart: 21. März 2019. Mit: Lara Rossi, Vladimir Burlakov, Kit Dale, Julia Dietze, Tom Green, Udo Kier u.a. Drehbuch: Dalan Musson. Regie: Timo Vuorensola.


Tilda Swinton Festival: Egomania – Insel ohne Hoffnung

12. November 2020

Zur Eröffnung meines persönlichen TSF habe ich mir nicht Tilda Swintons ersten Film (Caravaggio [1986]), sondern ihren zweiten angesehen: Egomania – Insel ohne Hoffnung (ebenso von 1986). Darin spielte die damals 25jährige unter Regie von Christoph Schlingensief an der Seite von Udo Kier.



Auf einer abgelegenen Insel lebt nur eine Handvoll Menschen über welche der tyrannische Baron (Udo Kier) herrscht. Die Liebe zwischen William (Uwe Fellensiek) und Sally (Tilda Swinton) bedroht den fragilen Frieden auf dem Eiland. Sogleich macht sich der Baron daran, das junge Glück zu zerstören…

Theater-Macher, Aktionskünstler und Filmregisseur Christoph Schlingensief (1960-2010) hat mit diesem mittlerweile 34 Jahre alten Streifen einen hemmungslos überkandidelten Experimentalfilm geschaffen.

Zu meiner vollständigen Kritik bei Vieraugen Kino

Linktipp:
Tilda Swinton Festival – And so it begins

 

 

 


Iron Sky

22. Mai 2020

Recht spontan habe ich mich kürzlich entschlossen Iron Sky, den ich schon länger auf meinem Festplattenreceiver aufgenommen hatte, anzusehen. Nazis auf dem Mond, kann das funktionieren?

Massiver Hype, wenig dahinter

Im Jahre 2018 ahnt auf der Erde niemand, dass nicht alle Nazis 1945 besiegt wurden, sondern dass einige Überlebende eine geheime Basis auf der dunklen Seite des Mondes errichtet haben, um von dort die Eroberung der Erde zu planen. Für gute Publicity schickt die US-Präsidentin (Stephanie Paul) fast 50 Jahre nach der ersten Mondlandung wieder ein Raumschiff zum Erdtrabanten, mit dem afroamerikanischen Model James Washington (Christopher Kirby) an Bord. Washington entdeckt die hakenkreuzförmige Basis und wird von den Nazis gefangen genommen. Führer Kortzfleisch (Udo Kier) schickt Oberst Klaus Adler (Götz Otto) auf die Erde, um die Situation auszukundschaften. Der vom verrückten Wissenschaftler Dr. Richter (Tilo Prückner) in einen Weißen verwandelte Washington soll Adler bei seiner Mission helfen. An Bord der Reichsflugscheibe schmuggelt sich auch Adlers Verlobte, die linientreu-idealistische Lehrerin und Erde-Expertin Renate (Julia Dietze). Adler, Renate und Washington landen in den USA und geraten an Vivian Wagner (Peta Sargent), die äußerst ambitionierte Wahlkampfmanagerin der Präsidentin…

Seit Längerem hatte ich von Iron Sky erfahren, vor allem durch den Hype, der bereits im Vorfeld durch eine geschickte Marketing-Kampagne geschürt wurde. Nazis, die sich auf der dunklen Seite des Mondes verstecken, klingt ja erstmal nach einer herrlich bescheuerten Prämisse. Nazisploitation kann auch funktionieren, siehe diverse Werke des jüdischen Parodie-Altmeister Mel Brooks oder Quentin Tarantinos turbulente Groteske Inglourious Basterds (2009). Auf imdb.com kann man nachlesen, dass Jarmo Puskala (als Drehbuchautor und Digital Artist maßgeblich an dem Star Trek-Parodie-Fanfilm Star Wreck: In the Pirkinning beteiligt) die Idee zum Film im Traum hatte und diese beim gemeinsamen Saunagang seinem guten Freund Timo Vuorensola (Regisseur von In the Pirkinning) erzählte. Das Konzept von Nazis auf dem Mond stammt allerdings aus den Roman Endstation: Mond (OT: Rocket Ship Gallileo, 1947) des amerikanischen Science-Fiction-Autors Robert A. Heinlein (1907-1988).

Leider verballerte Iron Sky sein Potenzial ziemlich. Von Anfang an waren Interner-User dazu aufgefordert worden, eigene Ideen einzubringen, die dann teils auch umgesetzt wurden. Das Ergebnis ähnelt einem überteuerten Mega-Blockbuster, der möglichst viele Fans und Zuschauer ansprechen soll: eine insgesamt eher lahme Veranstaltung, durchaus mit ein paar guten Einfälle, die aber keinen abendfüllenden Spielfilm, sondern bestenfalls einen halbstündigen Kurzfilm (siehe Kung Fury) zu tragen vermögen. Dabei funktioniert die finnisch-deutsch-australische Co-Produktion in technischer Hinsicht überraschend gut. Obwohl das Budget „nur“ 7,5 Millionen Euro betrug (ein Zehntel davon aus Crowdfunding finanziert), wirken die visuellen Effekte als kämen sie aus einem viel teureren Streifen. Die Szenen auf dem Mond wurden in ansprechender monochromatischer Optik gestaltet. Und das avantgardistische slowenische Musikprojekt Laibach liefert einen überaus epischen Score ab, der sich natürlich fleißig bei Richard Wagners bekannten Werken bedient.

Schauspielerisch bleibt die ganze Veranstaltung insgesamt recht durchwachsen. Götz Otto (James Bond: Der Morgen stirbt nie, Der Untergang) füllt genüsslich seine Rolle als plumper Offizier aus und Tilo Prückner (Die Fälscher, Rentnercops) scheint sein Part als zauseliger Einstein-Verschnitt auf den Leib geschrieben. Der gewöhnlich zwischen Charakter-Fach und B-Movies wechselnde Udo Kier bekommt als neuer Führer Kortzfleisch recht wenig Screentime. Christopher Kirby sieht als albinisierter Afroamerikaner James Washington im späteren Verlauf des Films wie ein menschgewordener Glücksdrache Fuchur (Die unendliche Geschichte) aus. Die von Stephanie Paul gespielte US-Präsidentin ist unschwer erkennbar als Sarah-Palin-Parodie angelegt. Peta Sargent pendelt in der Rolle der Wahlkampfmanagerin Vivian Wagner (nur echt mit Wonder-Woman-Logo) zwischen machtgeiler Marketingfrau und völlig überkandidelter Weltraum-Tyrannin. Am Ende ist die ganze Geschichte dann insgesamt zu brav und an manchen Stellen zu plump, wenngleich kein totaler Reinfall. Statt alle nicht deutschsprachigen Darsteller dann noch hölzern nachzusynchronisieren hätte man wie in der australischen Serie Danger 5 (2011-2015) einfach alle in ihrer Muttersprache parlieren lassen und entsprechend Untertitel einblenden können.

Iron Sky ist seit Oktober 2012 auf DVD und BluRay erhältlich sowie bei diversen Streaminganbietern abrufbar. Im November 2013 erschien zudem ein Director’s Cut der gut 15 Minuten länger dauert. 2019 kam die Fortsetzung Iron Sky – The Coming Race in die Kinos.

Iron Sky
Science-Fiction-Komödie Finnland, Deutschland, Australien 2012. 89 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Julia Dietze, Götz Otto, Christopher Kirby, Udo Kier, Peta Sargent, Stephanie Paul, Tilo Prückner, Michael Cullen u.a. Drehbuch: Michael Kalesniko, Timo Vuorensola. Story: Johanna Sinisalo. Nach einer Idee von Jarmo Puskala. Regie: Timo Vuorensola.

Credits
Bilder (c) Splendid.


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