Beim dritten Beitrag zum diesjährigen Horroctober gibt es heute mal Horror der etwas anderen Sorte, nämlich in Form der Arte-Doku Der Ökothriller Soylent Green, über den Science-Fiction-Film Soylent Green, welcher im Jahr 2022 spielt.
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Dystopie und Realität
Der Science-Fiction-Film Soylent Green aus dem Jahr 1973 von Regisseur Richard Fleischer und mit Charlton Heston sowie Edward G. Robinson in den wichtigsten Rollen spielt im Jahr 2022 in New York. 1974 erschien das Werk unter dem Titel …Jahr 2022… die überleben wollen… in den deutschen Kinos. Die Natur ist zerstört, es herrschen Überbevölkerung und dauernde Hitze. Die meisten Menschen hausen teilweise wie die Tiere während sich die reiche Elite teure, abgeschottete Luxusappartments mit ausreichend Essen, Strom, fließendem Wasser und Inventar (Prostituierten) leisten kann. Der Konzern Soylent Corporation stellt synthetische Nahrung aus Plankton her (Soylent Red, Soylent Yellow, Soylent Green), welche streng rationiert an die hungerne Bevölkerung verteilt wird. Polizist Thorne soll den Mord an einem hochrangigen Mitglied der Soylent Corporation aufklären und stößt dabei auf ein erschütterndes Geheimnis. Soylent Green wird eben nicht aus Meeresplankton hergestellt!
Filmemacher Jean-Christophe Klotz, der bereits diverse TV-Dokus wie John Ford – Der Mann, der Amerika erfand (2019) und Nürnberg und seine Lehre: Ein Film gegen das Vergessen (2021) in seiner Vita stehen hat, befasst sich in seinem neuesten Werk mit der filmischen Ökodystopie von 1973 und vergleicht das im Film gezeigte 2022 mit der tatsächlichen Gegenwart. Dabei wird klar, dass sich die prognostizierte Zukunft von der heutigen Realität gar nicht so sehr unterscheidet.
Klotz verbindet nicht nur geschickt die Entstehungsgeschichte des Films mit der heutigen Situation sondern stellt auch Einstellungen der hungernden Bevölkerung im überfüllten New York mit aktuellen Bildern von Zeltcamps Obdachloser, die sich keine Wohnung mehr leisten können, nebeneinander. Einige Statisten in Soylent Green tragen übrigens Atemschutzmasken, wie wir sie durch die Corona-Pandemie nur zu gut kennen. Doch dies bleiben nicht die einzigen Parallelen zwischen fiktionaler Handlung und der heutigen Realität.
Regisseur Richard Fleischer (20 000 Meilen unter dem Meer, Die phantastische Reise) drehte seine Dystopie von September bis November 1972. Im März des gleichen Jahres hatte der Club of Rome die Studie Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit vorgestellt. Der Bericht von Ökonom Dennis Meadows und anderen Wissenschaftlern prognostizierte bereits vor 50 Jahren die massiven Auswirkungen einer ständig wachsenden Weltwirtschaft auf die Umwelt und die daraus resultierenden Lebensbedingungen. Die Story des Films erscheint daher wie eine treffende fiktionale Aufarbeitung dieser Problematiken. Nicht nur Filmschaffende (wie Leigh Taylor-Young, die Darstellerin der Shirl oder Filmemacher Joe Dante) sowie Filmkritiker und Autoren kommen in der knapp einstündigen Doku zu Wort, sondern auch zwei Klimatologen, welche erläutern wie ernst die Sache mit dem Klimawandel wirklich ist.

Längere Hitzewellen, extreme Trockenheit, eine fortschreitende Zerströung der Natur und Artenvielfalt, die (durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine präsenter gewordene) Energiekrise, die immer größere Inflation, welche sich vor allem in einer starken Erhöhung der Preise für Nahrungsmitteln niederschlägt sowie die immer drastischer auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, all das ist keine Dystopie mehr, wie sie im Film gezeigt wird, sondern bittere Realität. Ein gigantischer, alles verschlingender Kapitalismus, in welchem die meisten Menschen immer weniger Geld zur Verfügung haben und die gravierenden Folgen des Klimawandels ausbaden dürfen während eine trotz diverser Krisen weiterhin unangetastete Minderheit immer reicher wird. Die in der TV-Dokumentation erwähnte Tatsache, dass es synthetische (vegane!) Nahrung wie in Soylent Green schon lange gibt, erscheint da wirklich noch am wenigsten gruselig.
Die Dokumentation Der Ökothriller Soylent Green – Alarmstufe rot aus Hollywood ist seit 28.09.2022 und noch bis 27.03.2023 kostenlos in der Arte-Mediathek verfügbar.
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Der Ökothriller Soylent Green – Alarmstufe rot aus Hollywood
(Soleil Verte et Alerte Rouge, quand Hollywood sonnait l’alarme)
TV-Dokumentation Frankreich 2022. 56 Minuten. Buch: Jean-Christophe Klotz und Francois Bringer. Regie: Jean-Christophe Klotz.
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Credits
Filmbilder (c) Arte/Warner.