James Bond: Liebesgrüße aus Moskau

8. August 2023

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach Dr. No feierte im Oktober 1963 der zweite James-Bond-Film Liebesgrüße aus Moskau seine Premiere. Der erneut von Sean Connery verkörperte Agent 007 soll für eine Dechiffriermaschine einer hübschen Russin zur Flucht in den Westen verhelfen. Natürlich eine Falle!



Verlockende Falle

Blofeld (Anthony Dawson/Eric Pohlmann), Chef der internationalen Verbrecher-Organisation SPECTRE, will mit Großbritannien und der Sowjetunion zwei Großmächte gegeneinander ausspielen. Ein vom tschechoslowakischen Schachgroßmeister und Strategen Kronsteen (Vladek Sheybal) ausgeklügelter Plan, ausgeführt von Oberst Rosa Klebb (Lotte Lenya) und dem brutalen Killer Grant (Robert Shaw), soll den britischen Agenten James Bond (Sean Connery) anlocken. Tatiana Romanova (Daniela Bianchi), eine Mitarbeiterin des russischen Konsulats in Istanbul, hat sich augenscheinlich in das Foto Bonds verliebt und möchte mit einer Dechiffriermaschine vom Typ Lektor in den Westen überlaufen. Vorausgesetzt 007 persönlich kümmert sich um die Angelegenheit. Bond und sein Vorgesetzter M (Bernard Lee) wittern zurecht eine Falle, doch will sich der MI6 die Möglichkeit, eine Lektor zu bekommen, nicht entgehen lassen.

Bild (c) United Artists/MGM/Fox.

007 trifft in Istanbul ein und beginnt gemeinsam mit dem Chef der dortigen Abteilung T, Kerim Bey (Pedro Armendariz), seine Nachforschungen. Kerim Bey und Bond werden immer wieder in Scharmützel mit den für die Russen arbeitenden Bulgaren verwickelt. Schließlich trifft James auf die hübsche Tatiana und erhält grünes Licht aus London, mit der Operation fortzufahren. Die Flucht mit dem Orientexpress über den Balkan gestaltet sich allerdings als äußerst gefährliches Unterfangen, denn Grant hat sich an die Fersen Bonds und Tatianas geheftet…     

In Gestalt des schottischen Schauspielers Sean Connery (1930-2020) betrat James Bond, der von Ex-Geheimdienstmitarbeiter und Schriftsteller Ian Fleming (1908-1964) erschaffene Geheimagent Ihrer Majestät, am 5. Oktober 1962 in James Bond jagt Dr. No (Originaltitel: Dr. No) erstmals die Leinwand. Der eher kostengünstig nach dem gleichnamigen Romans produzierte Film von Regisseur Terence Young wurde zum großen Erfolg und daher sehr zeitnah eine Fortsetzung in die Wege geleitet. Johanna Harwood, Co-Autorin bei Dr. No, adaptiert den Roman Liebesgrüße aus Moskau (From Russie with Love, 1957) zu einer ersten Drehbuchfassung, wobei das Szenario dadurch verbessert wurde, dass nicht der russische Geheimdienst SMERSH, sondern die private Terror-Vereinigung SPECTRE als Gegner agiert. Harwoods Skript wurde in der Folge mehrfach durch Richard Maibaum (ebenfalls Autor beim Vorgänger) überarbeitet. Der auf dem Regie-Stuhl zurückkehrende Young musste allerdings gleich zwei Schlüsselpositionen neu besetzen: Produktionsdesigner Ken Adam war von Stanley Kubrick für Dr. Seltsam Oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964)verpflichtet worden und so übernahm der bisherige Assistent Syd Cane. Der etatmäßige Stunt-Koordinator Bob Simmons war auch nicht verfügbar und Peter Perkins sprang in die Bresche.

Hinsichtlich des Vorgänger wurde das Budget von 1,1 Millionen Dollar verdoppelt und größere Setpieces und Actionszenen folglich konnten umgesetzt werden. Die in Istanbul. Venedig, den Pinewood Studios und anderswo im Vereinigten Königreich durchgeführten Dreharbeiten dauerten inklusive der aufgrund diverser Verzögerungen notwendigen Nachdrehs von April bis Anfang August 1963. Young und sein Schnittmeister Peter Hunt mussten den Film in zwei Monaten fertigstellen, denn schon am 10. Oktober 1963 fand die Premiere statt. Deutscher Kinostart war wiederum einige Monate später, am 14. Februar 1964. Mit einem weltweiten Einspielergebnis von ca. 79 Millionen Dollar konnte das des Vorgängers noch um etwa 20 Millionen übertroffen werden.

Tatiana Romanova;
Bild (c) United Artists/MGM/Fox.

Mit Pedro Armendariz (Die Perle [1947], Der Eroberer [1956]) als Kerim Bey, Lotte Lenya (Die Dreigroschenoper [1931], Der römische Frühling der Mrs. Stone [1961]) als fiese Rosa Klebb, Robert Shaw (Der Clou, Der weiße Hai) als wortkarg-brutalem Grant und der früheren Miss Universum Daniela Bianchi (Das Schwert des Cid) als Tatiana Romanova usw. konnte eine illustre Besetzung versammelt werden. Neben Desmond Llewellyns erstem Auftritt als „quartermaster“ Q kehrten Bernard Lee als M und Lois Maxwell als dessen Sekretärin, Miss Moneypenny, zurück. Pedro Armendariz erhielt im Verlauf des Drehs die Diagnose, dass er unheilbar an Krebs erkrankt war. Nach Fertigstellung seiner Szenen und Einlieferung in ein Krankenhaus in Los Angeles beging der 51jährige mexikanische Schauspieler Selbstmord.       

War in Dr. No die ganze Szenerie mit wenigen Ausnahmen noch recht sparsam so führte man in Liebesgrüße aus Moskau einige Markenzeichen ein. Mit dem Multifunktionskoffer (inklusive Tränengasgranate, eingebautem Messer und versteckten Goldmünzen) erhielt 007 hier sein erstes Gadget. Als Hauptschauplatz fungierte die multikulturelle türkische Metropole Istanbul. Ein Großteil der zweiten Filmhälfte spielt sich an Bord des Orientexpress ab, wenngleich dieser legendäre Zug erst eine Dekade später in der Agatha-Christie-Adaption Mord im Orientexpress (1974) von Sidney Lumet richtig ins Szene gesetzt werden sollte. Erstmals gab es in „Liebesgrüße“ einen Titelsong, den von Lionel Bart komponierten und Matt Munro gesungenen From Russia with Love, der allerdings erst am Ende des Films zu hören ist und im Vorspann „nur“ in einer Instrumentalversion. John Barry, der Monty Norman als Filmkomponist ersetzte, schuf das percussionlastige 007-Thema, welches noch in weiteren Bond-Abenteuern Verwendung finden sollte.

Für mich war diese x-te Wiederholungssichtung des zweiten 007-Steifens eine besondere, nicht nur weil er das erste Mal die Originalfassung war, sondern auch weil ich den 60 Jahre alten Agentenfilm erstmals in der hochauflösenden BluRay-Fassung (aus der Gesamtbox aller Filme bis Spectre [2015] von 2016) erleben durfte. Auffallend wie laut und intensiv die Explosionen wirken und wie deutlich die Gesichter der Schauspieler*innen zu sehen sind. Aus heutiger Sicht mögen die Actionszenen wenig spektakulär erscheinen, doch zumindest der äußerst brachiale Zweikampf zwischen Bond und Grant an Bord des Zuges erweist sich auch sechs Jahrzehnte später noch als echter Kracher.  

Kerim Bey;
Bild (c) United Artists/MGM/Fox.

So vergleichsweise gut einige Aspekte der Inszenierung gealtert sein mögen, das Menschenbild im Allgemeinen und das Frauenbild im Besonderen sind es nicht. Sowohl die für die russische Gegenseite agierenden Bulgaren als auch die auf der Seite von Super-Pascha Kerim Bey kämpfenden „Zigeuner“ bilden natürlich ziemlich üble Stereotype. Vom „Catfight“ zweier Frauen aus diesem Milieu, die sich um einen Mann zanken, ganz zu schweigen. Bonds Umgang mit Tatiana darf auch als äußerst fragwürdig betrachtet werden. Die Rolle der hübschen Russin gibt leider wenig her. Man hätte von Seiten des Drehbuchs her die Figur etwas ambivalenter gestalten können, was vermutlich passiert wäre würde man den Stoff heutzutage umsetzen. Dennoch erweist sich der zweite Bond-Streifen (der letzte zu Lebzeiten Flemings veröffentlichte) als gelungenes Agenten-Abenteuer, welches die aktuell bei 25 offiziellen Beiträgen stehende Filmreihe massiv vorangebracht hat.

Liebesgrüße aus Moskau ist auf DVD und BluRay erschienen sowie auch bei diversen Streaminganbietern verfügbar.

Meine erste Rezension zum Film vom 30. September 2006 auf Vieraugen Kino kann man HIER nachlesen.



James Bond: Liebesgrüße aus Moskau
(James Bond: From Russia with Love)
Agententhriller UK, USA 1963. FSK 16. 115 Minuten. Kinostart: 14. Februar 1964.
Mit: Sean Connery, Pedro Armendariz, Daniela Bianchi, Robert Shaw, Lotte Lenya, Bernard Lee, Lois Maxwell, Vladek Sheybal u.a. Nach dem Roman von Ian Fleming. Drehbuch: Johanna Harwood und Richard Maibaum. Regie: Terence Young.


James Bond jagt Dr. No

5. Oktober 2022

Heute vor 60 Jahren, am 5. Oktober 1962, startete der von Autor Ian Fleming erschaffene Geheimagent mit der Kennnummer 007 seinen Siegeszug über die Kinoleinwände dieses Erdballs und etablierte in James Bond jagt Dr. No, von Regisseur Terence Young und mit Sean Connery in der Hauptrolle, eine der erfolgreichsten und langlebigsten Filmreihen. Grund genug, den ersten Bond-Streifen einer erneuten Sichtung zu unterziehen.

„Bond, James Bond.“

Als Raketenstarts der USA in Cape Canaveral wegen mysteriöser Energiewellen aus Richtung Jamaika beeinträchtigt werden und Commander Strangways, der Kontaktmann des britischen Geheimdienstes in Kingston, verschwindet, schickt Geheimdienstchef M (Bernard Lee) seinen Agenten James Bond 007 (Sean Connery) von London in die Karibik. In Kingston angekommen macht Bond gleich Bekanntschaft mit den Handlangern eines unbekannten Gegners sowie mit CIA-Agent Felix Leiter (Jack Lord). Die Spur führt Bond und Leiter zu Crab Key, einer abgeschottenen Insel, welche Dr. No (Joseph Wiseman) gehört, der unter den Einheimischen für Angst und Schrecken sorgt. Bei Nachforschungen mit dem Fischer Quarell (John Kitzmiller) auf der Insel Crab Key trifft 007 auf die Muschelsammlerin Honey Ryder (Ursula Andress). Doch die Schergen Dr. Nos sind ihnen auf den Fersen…

Der Kanadier Harry Saltzman und der Amerikaner Albert R. „Cubby“ Broccoli produzierten die Adaption von Dr. No, dem sechsten Buch der Bond-Romanreihe, gemeinsam für das Studio United Artists. Das Budget war selbst für damalige Verhältnisse mit ca. 1,1 Millionen Dollar nicht gerade üppig und sicherlich mitverantwortlich dafür, dass einige Passagen aus der Vorlage nicht übernommen werden konnten und es mit dem Hauptquartier des titelgebenden Bösewichts nur ein großes Setpiece gab. Doch Bühnenbildner Ken Adam, ein prägender Mann für den Look der Filmreihe bis Ende er 1970er, macht das Beste aus seinen begrenzten Möglichkeiten. Gedreht wurde vom 16. Januar bis 30. März 1962, in London und Jamaika, bis zur Unabhängigkeit ab 6. August des gleichen Jahres britische Kolonie. Ganz in der Nähe einiger Drehorte befindet sich übrigens Goldeneye, das Anwesen von Ian Fleming, in welchem er alle Bond-Romane schrieb. Am 5. Oktober 1962 fand die Weltpremiere in London statt, fünf Tage später startete der Film in britischen Kinos. Auf den Leinwänden Deutschlands war James Bond jagt Dr. No ab dem 25. Januar 1963 zu sehen.

Der allererste 007-Streifen etablierte bereits viele Markenzeichen der Filmreihe. Das Gunbarrell-Opening, das von Monty Norman geschaffene und von John Barry arrangierte ikonische James Bond Theme (hier noch als „Titelsong“), exotische Schauplätze, einen größenwahnsinnigen Bösewicht mit verheerendem Plan, Bonds bevorzugtes Getränk (Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt), diverse attraktive Frauen (welche dem Protagonisten nicht alle wohlgesonnen sind), pointierte Dialoge, die Zusammenarbeit mit Felix Leiter vom CIA und mehr. Trotz des im Vergleich zu den ausufernden Spektakeln der späteren Filme reduzierten Settings und einer nach aktuellen Maßstäben eher gemächlichen Inszenierung kann „Dr. No“ als Einstieg überzeugen.

Das hängt natürlich auch mit dem Hauptdarsteller zusammen. Sean Connery (1930-2020), damals 31, drückte der Rolle seinen Stempel auf und verkörperte perfekt den britischen Agenten, der zwischen stilvollem Gentleman und knallhartem Killer pendelt. Quasi als Mutter aller Bondgirls ging die Schweizerin Ursula Andress in der Rolle von Honey Rider in die (Bond-)Filmgeschichte ein. Ihr erster Auftritt im weißen Bikini aus dem Wasser (der übrigens erst nach etwa einer Stunde stattfindet) wurde oft kopiert, bleibt aber unerreicht. Als Felix Leiter ist hier Jack Lord, der später als Leading Man der Krimiserie Hawaii Fünf-Null (1968-1980) große Bekanntheit erlangte, zu sehen.

Aus heutiger Sicht kann man einige Dinge am ersten 007-Streifen (und sicher auch an den folgenden) zurecht problematisch finden. Die Darstellung der Frauen und der Umgang mit ihnen, das koloniale Gehabe der weißen Figuren und das Whitewashing bzw. Yellowfacing, in Person von Dr. No und Miss Taro, die beide von nichtasiatischen Akteuren gespielt werden, würde man in heutigen Filmen sicherlich nicht mehr in dieser Form vorfinden. Bisher habe ich jeden der 25 Bond-Streifen mindestens ein oder zweimal, wenn nicht öfter, gesehen. Dass ich Dr. No bei der kürzlichen Wiederholungssichtung nach langer Zeit mit anderen Augen und Ohren erleben konnte lag auch an der hervorragenden Qualität der BluRay-Fassug (Bestandteil der 2016 erschienenen Box aller Filme bis Spectre [2015]) sowie der Tatsache, dass ich erstmals die englische Originalfassung sichtete.

James Bond jagt Dr. No ist auf DVD und BluRay erschienen sowie auch bei diversen Streaminganbietern verfügbar.

Zu meiner ersten Rezension zum Film vom 22. September 2006 auf Vieraugen Kino geht es HIER.

James Bond jagt Dr. No (Dr. No)
alternativ: James Bond – 007 jagt Dr. No
Agentenfilm UK, USA 1962. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 110 Minuten. Kinostart: 25. Januar 1963.
Mit: Sean Connery, Ursula Andress, Jack Lord, Joseph Wiseman, John Kitzmiller, Zena Marshall, Anthony Dawson, Eunice Gayson, Bernard Lee, Lois Maxwell u.a. Nach dem Roman von Ian Fleming. Drehbuch: Richard Maibaum, Johanna Harwood und Berkely Mather. Regie: Terence Young.

Credits
Bilder (c) United Artists/MGM/Fox.

 

 


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