Nach dem wahrlich irren Trickfilm-Trip Bubble Bath habe ich mir im Rahmen meiner Animationsreihe ein weiteres besonderes Werk angesehen: das Science-Fiction.Abenteuer Der phantastische Planet von René Laloux.
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Die hochentwickelten Draags bewohnen den Planeten Ygam. Von ihren Reisen in ferne Regionen des Weltalls haben sich die Drags kleine Wesen namens Oms mitgebracht, welche wie Tiere gehalten werden. Nachdem ein kleiner Om-Junge seine Mutter verliert nimmt ihn das Draag-Mädchen Tiwa auf. Tiwa spielt mit dem Jungen, den sie Terr nennt und der nach kurzer Zeit zu einem Mann heranwächst. Terr gelingt es auch, Tiwas Kopfhörer zur Wissensvermittlung zu nutzen und so lernt er einiges über den Planeten Ygam. Als Tiwa das Interesse an ihrem “Spielzeug” verliert ergreift Terr die Flucht, den Kopfhörer im Schlepptau. Er schließt sich einem Stamm freier Oms an, welcher ums Überleben kämpft und sich in einem großen Baum versteckt hält. Dank Terr erhalten die Oms das Wissen der Draags und beginnen allmählich einen Aufstand gegen ihre überlegenen, ehemaligen Herren zu organisieren…
Bild (c) MUBI/Al!ve
Basierend auf dem Roman Oms en Série (1957) von Autor Stefan Wul (1922-2003) schufen Regisseur René Laloux (1929-2004) und ein Team von Animationskünstlerin aus der damaligen Tschechoslowakei den optisch beeindruckenden, inhaltlich tiefsinnigen Zeichentrickfilm Der phantastische Planet, nach dem französischen Originaltitel La planète sauvage auch unter dem Alternativtitel Der wilde Planet bekannt. Eine Parabel über den Umgang mit anderen Lebewesen in eigenwillig-surrealer Ästhetik. Und mit blauen Aliens.
Aus der Reihe „besondere Animationsfilme“ gibt es heute einen ganz besonderen Beitrag, nämlich den 43 Jahre alten ungarischen Trickfilm-Trip Bubble Bath von György Kovásznai.
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Die alleinstehende Krankenschwester Anni (Stimme im Original: Vera Venczel) ist gerade dabei für ihre Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium zu lernen, da klingelt der Schaufensterdekorateur/Innenarchitekt Zsólt (Kórnel Gelley) an ihrer Tür. Zsólt ist der Verlobte von Annis Kollegin und Freundin Klári (Lenke Lóran). Eigentlich soll am gleichen Tag die Hochzeit stattfinden, doch Zsólt hat kalte Füße bekommen und bittet Anni die Feierlichkeiten abzublasen. Vor allem zeigt sich der neurotische Mann von der Familie seiner Frau genervt und missverstanden. Anni lässt sich schließlich überreden Klári anzurufen und ihr die ernste Botschaft zu übermitteln. Doch die Braut befindet sich bereits in bester Feierlaune…
Bild (c) MUBI/Pannonia
Was für ein irrer, psychedelischer Bilderrausch, den dieses ungarische Werk der Animationskunst auf eindrucksvolle Weise zelebriert. Visuell und musikalisch mischt dieses gezeichnete Musical unzählige Stile und Genres, wobei sich die Figuren quasi im Sekundentakt verwandeln. Beim Kinostart 1980 in der Heimat kommerziell komplett gefloppt ist Habfürdö (so der Originaltitel) leider ziemlich in Vergessenheit geraten. Zu unrecht! Mehr dazu in meiner Rezension bei Vieraugen Kino.
Mit seinem Langfilmdebüt Luz erschuf Tilman Singer einen ästhetisch süffigen Retro-Horrorfilm. Während seines Studiums an der Kunsthochschule für Medien Köln drehte Singer ein kurzes Werk mit dem sperrigen Titel The Events at Mr. Yamamoto’s Alpine Residence, welches ich im Rahmen des Kurzfilm-Februars gesehen habe.
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Abstrakte Blase
Der abwesende Mr. Yamamoto hat sein großzügiges Domizil in den Alpen einer Bekannten überlassen, die dort die Zeit mit Müßiggang, Wein-Trinken und Squash-Spielen in einem leeren Schwimmbecken zubringt. Eines Tages findet die Frau ein geheimisvolles Paket vor der Tür, welches eine schwarze Box beinhaltet. Dieser entsteigt wie von magischer Hand eine immer größer werdendes weißes Objekt, welches Yamamotos Bekannte verschlingt…
Bild (c) KHM/Singer.
Tilman Singer, geboren 1988 in Leipzig, arbeitete bisher immer mit seinen Kreativpartnern, Szenenbildner Dario Mendez Costa, Musiker Simon Waskow und Kameramann Paul Faltz zusammen. So auch bei seinem vorliegenden ersten Kurzfilm, der im Rahmen des Studiums an der Kunsthochschule für Medien Köln entstandt. Bereits vier Jahre vor Luz kann man die spätere Handschrift Singers gut erkennen. Grobkörnige 16mm-Bilder, Retro-Chic sowie eine Konzentration auf Ästhetik und Inszenierung, bei welcher die Story nur eine eher untergeordnete Rolle spielt. Auch die titelgebenden Vorkommnisse im Alpendomizil des Herrn Yamamoto, der durch Abwesenheit glänzt, bleiben rätselhaft und unerklärt. Irgendwie wirkt der 10-Minüter wie die Eröffnungssequenz eines abendfüllenden Mystery-Streifens, welche zumindest optisch etwas hermacht. Jan Bluthardt, Dr. Rossini aus Luz, hat in seiner Rolle hier eine einzige Dialogzeile. Der lange Titel kontrastiert dieses kurze, sehr abstrakte Werk.
Bild (c) KHM/Singer.
The Events at Mr. Yamamoto’s Alpine Residence ist als Bonusmaterial auf der DVD und BluRay von Luz enthalten. Außerdem kann man sich den Kurzfilm HIER bei Youtube ansehen.
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The Events at Mr. Yamamoto’s Alpine Residence Mystery/Kurzfilm Deutschland, Italien 2014. 10 Minuten. Mit Linda Hofmann, Jan Bluthardt u.a. Drehbuch und Regie: Tilman Singer.
An monatsbezogenen Filmaktionen gibt es etwa den Horroctober, den Noirvember und den Japanuary. Für Februar als kürzesten Monat von allen ist mir kürzlich etwas eingefallen: Vorhang auf für den Kurzfilm-Februar. Wir starten mit dem britischen Beitrag Best Man von 2016.
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Im Härtetest
Donald (Josh O’Connor) trifft sich mit seinem guten Freund Patrick (Ben Hall) in einem Restaurant. Patrick ist erfreut zu hören, dass sich Donald mit Freundin Jean (Lizzy Watts) verlobt hat. Donald möchte, dass Patrick bei der Hochzeit als sein Trauzeuge fungiert. Doch soll dieser ihm auch in einer äußerst heiklen Situation helfen. Wie wird Patrick reagieren?
(c) Full Fat Films
Neben neun Shorts als Regisseur war Filmemacher Freddie Hall (Neffe von Rebecca Hall und Enkel von Leslie Caron) vor allem als Assistant Director bei großen Blockbustern wie Wonder Woman (2017), Justice League (2017/2021) und Red Sparrow (2018) tätig. Mit seinem vorliegenden sechsten Kurzfilm Best Man liefert der Brite ein überaus prägnantes und pointiertes Werk ab, welches trotz seiner Kürze mit unerwarteten Wendungen aufwartet. Die beiden wichtigsten Rollen spielen dabei Josh O’Connor (The Crown – Staffel 3und Staffel 4) und Ben Hall, der Bruder des Regisseurs. Best Man eignet sich auf Grund seiner überschaubaren Länge perfekt als Appetithäppchen für einen abendfüllenden Spielfilm. In diesem Rahmen habe ich das Werk als Vorfilm von The Banshees of Inisherin auch im Kino gesehen.
Best Man kann man sich hierkostenlos auf Youtube ansehen.
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Best Man Kurzfilm/Komödie UK 2016. 5 Minuten. Mit: Josh O’Connor, Ben Hall, Lizzy Watts u.a. Drehbuch: Freddie Hall und Oliver Kember. Regie: Freddie Hall.
Bevor ich es wieder vergesse geht es heute um gleich zwei Beiträge des Tilda Swinton Festivals, welche ich bereits im Dezember gesichtet hatte: Three Thousand Years of Longing von George Miller und Guillermo del Toro’s Pinocchio.
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(c) Leonine
Auch 2022 war für meine schottische Lieblingsschauspielerin ein erfolgreiches Jahr. In den deutschen Kinos startete Memoria, ihr gemeinsam mit dem Thailänder Apichatpong Weerasethakul gedrehter Film, den ich leider nur im Stream sichten konnte. Auf der großen Leinwand war außerdem das Fantasymärchen Three Thousand Years of Longing zu sehen. In dem bildgewaltigen Epos spielt Tilda eine sich in ihrer Einsamkeit behaglich eingerichtete Literaturwissenschaftlerin, die auf einen Flaschengeist (Idris Elba) trifft, der ihr drei Wünsche erfüllen möchte. Warum TTTYoL so ein schöner Film ist habe ich versucht, in meiner Rezension auf Vieraugen Kino zu skizzieren.
(c) Netflix
Kurz im Kino und dann auf Netflix wurde Guillermo del Toro’s Pinocchio, die im besten Sinne eigenwillige Version des vielfach verfilmten italienischen Kinderbuchs vom mexikanischen Filmemacher, veröffentlicht. Zum überaus prominenten Voicecast gehört neben David Bradley, Ewan McGregor, Ron Perlman, Christoph Waltz sowie Cate Blanchett eben auch Tilda Swinton, hier in einer Doppel-Sprechrolle als blaue Fee und personifizierter Tod. Mehr dazu hier bei Vieraugen Kino.
Welche weiteren Werke mit der ikonoklastischen Ausnahme-Performerin dieses Jahr noch gesichtet und rezensiert werden steht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest. Lasst euch überraschen.
Der heutige Beitrag meiner Werkschau der schottischen Ausnahmeschauspielerin widmet sich einer ihrer sehr frühen Arbeit. In Friendship’s Death von 1987 spielt Tilda Swinton eine Außerirdische, die mitten in den Wirren des Bürgerkriegs nach Jordanien kommt und dort einen britischen Journalisten trifft.
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1986 feierte Tilda Swinton ihr Kinodebüt in Derek Jarmans Maler-Biopic Caravaggio. Im gleichen Jahr erschienen auch Christoph Schlingensiefs Egomania: Insel ohne Hoffnung und Joanna Hoggs Kurzfilm Caprice. Ein Jahr später folgte das Science-Fiction-Kammerspiel Friendship’s Death vom britischen Filmtheoretiker Peter Wollen (1938-2019).
September 1970. In Jordanien tobt ein gnadenloser Bürgerkrieg zwischen der einheimischen Armee und Milizen der Palästinenser. Journalist Sullivan (Bill Paterson) berichtet über diesen Konflikt. Er trifft in Amman auf eine geheimnisvolle Frau (Tilda Swinton), welche sich verirrt zu haben scheint. Sullivans Interesse wird geweckt als die Frau erklärt, eine außerirdische Friedensbotschafterin zu sein. Aufgrund der Kampfhandlungen im Hotel eingesperrt verbringen die Beiden die Zeit mit ausufernden Gesprächen.
Meine Rezension zu dieser kuriosen Mischung aus Kammerspiel, Kriegsdrama und Science-Fiction gibt es auf Vieraugen Kino.
Das Tilda Swinton Festival geht weiter, auch nach dem kürzlichen 62. Geburtstag seiner Protagonistin. Vor 20 Jahren spielte die schottische Ausnahme-Akteurin in der schrägen Scifi-Satire Teknolust von Multimedia-Künstlerin Lynn Hershman Leeson gleich vier Rollen.
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Heimlich hat die zurückgezogene Wissenschaftlerin Dr. Rosetta Stone (Tilda Swinton) mit Ruby, Marinne und Olive (alle Tilda Swinton) drei Klone von sich geschaffen. Doch das Replikanten-Trio benötigt zum Überleben die Essenz des Y-Chromosoms aus männlichem Ejakulat. Um dies zu erhalten lässt sich Ruby regelmäßig auf One-Night-Stands mit Männern ein. Doch schon bald beginnen die Herren an einem mysteriösen Virus zu leiden, der sich auch auf Computer überträgt. Als das FBI ermittelt droht Rosettas geheimes Klon-Projekt aufzufliegen…
Was von der Prämisse her verdächtig nach einem Porno klingt erweist sich als herrliche Off-Beat-SF-Satire, die nicht nur die göttliche Tilda in einer Vierfach-Performance und eine spaßige Tanzszene aufbietet. Mehr dazu gibt es in meiner Filmkritik auf Vieraugen Kino.
Mit der Nacht vor Allerheiligen endete auch dieses Jahr der Horroctober. Ein kurzer Rückblick auf den Horror-Monat 2022.
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13 Horrorfilme im Oktober zu sichten, wie der Horror-Monat nach „althergebrachten“ Vorstellungen zu gestalten ist, stand bei mir noch nie auf der Agenda. Nach neun Beiträgen im letzten Jahr (sieben Filme, ein Kurzfilm sowie eine Serienfolge) habe ich dieses Jahr leider nur sieben Werke geschafft (fünf Spielfilme, eine TV-Doku und eine halbe Serienstaffel). Die Umstände waren leider aufgrund von gigantischem Arbeitsaufwand im Büro und anderer interessanter Werke noch widriger als zuvor. Das Gesamturteil fällt mit einer durchschnittlichten Bewertung von 7,43 (von 10 Punkten) allerdings recht positiv aus.
Nun die Reviews zu allen Beiträgen zum Nachlesen. Viel Vergnügen!
Zum Zieleinlauf des Horroctobers 2022 gibt es die ersten vier Folgen der achtteiligen Horror-Anthologie-Serie von Genre-Maestro Guillermo del Toro!
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Aus dem kreativen Oberstübchen des mexikanischen Filmemachers stammt Guillermo del Toro’s Cabinet of Curiosities, eine bei Netflix seit 25. Oktober 2022 veröffentlichte Anthologie mit acht Episoden, die von unterschiedlichen Filmschaffenden umgesetzt wurden. Vier davon habe ich bereits gesehen.
In Lot 36 enthüllt ein Lagerraum dämonische Abgründe, während es in Graveyard Rats ein Grabräuber mit einer besonders fiesen Plage zu tun bekommt. The Autopsy handelt von der Obduktion der Opfer einer Explosion in einem Bergwerk und was diese zu Tage bringt. In The Outside verfällt eine junge Frau dem Schönheitswahn einer besonderen Lotion.
Mehr zu den vier Episoden und mir diese im Einzelnen gefallen haben gibt es in meinem Reviewauf Vieraugen Kino, dem letzten zum Horroctober 2022.
Zum Anlass des diesjährigen Horroctobers habe ich mich am Freitagabend auch mal wieder ins Kino gewagt und Bodies Bodies Bodies von Halina Reijn gesehen.
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Als ihr alter Freund David (Pete Davidson) eine Hurricane-Party im großzügigen Anwesen seiner verreisten Eltern veranstaltet taucht Sophie (Amandla Stenberg) nach ihrem Entzug mit ihrer neuen Freundin Bee (Maria Bakalova) dort auf. David und die anderen Gäste, seine Freundin Emma (Chase Sui Wonders), die sportliche Jordan (Myha’la Herrold), Podcasterin Alice (Rachel Sennott) und ihr älterer Lover Greg (Lee Pace) sind etwas überrascht. Im Verlauf der Party schlägt Sophie vor, ein Mord-im-Dunkeln-Spiel zu veranstalten. Doch bald wird aus dem Spaß blutiger Ernst als eine echte Leiche gefunden wird und der Strom ausfällt…
Eine Party, die außer Kontrolle gerät, eine Gruppe reicher, verzogener Kids und ein Mörder unter ihnen. Das klingt nach einem spannenden Szenario. Ob der Film dieses Versprechen einlösen kann lest ihr in meiner Filmkritik auf Vieraugen Kino.
Filme und Serien werden bei uns besprochen, in Form von Kritiken und auch einem Podcast. Jede Woche gibt es zwei Filmkritiken zu Filmen die gerade im Kino laufen oder auch schon länger draußen sind, der Filmpodcast heißt Filmexe Podcast.