Nach zwei Dokumentarfilmen erschien vor zehn Jahren mit Finsterworld das fiktionale Spielfilmdebüt von Frauke Finsterwalder, ein Episodenfilm über die Befindlichkeiten der Deutschen.
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Von Furries, Fußfetischisten und verwöhnten Flegeln
Die Handlung begleitet zwölf Personen, deren Leben teilweise miteinander verknüpft sind. Ein stummer Einsiedler (Johannes Krisch) findet einen verletzten Raben im Wald und nimmt das Tier mit in seine Hütte. Nachdem Fußpfleger Claude (Michael Maertens) von Polizist Tom (Ronald Zehrfeld) wegen Telefonierens am Steuer fast seinen Führerschein entzogen bekommen hätte besucht Claude seine Lieblingskundin im Altenheim, die im Rollstuhl sitzende Frau Sandberg (Margit Carstensen). Tom geht in seiner Freizeit heimlich seiner Leidenschaft für Tierkostümierung nach und besucht eine Furry-Convention. Seine Partnerin ist Dokumentarfilmerin Franziska (Sandra Hüller), die für einen Fernsehbeitrag Menschen im sozialen Brennpunkt mit der Kamera einfangen soll und mit der Banalität der Aufgabe hadert. Eine Gruppe Schüler aus dem Leistungskurs Geschichte einer Privatschule besucht mit ihrem Lehrer Nickel (Christoph Bach) eine KZ-Gedenkstätte. Dominik (Leonard Scheicher) verlässt allerdings die Gruppe als er bemerkt wie eine Mitschülerin Natalie (Carla Juri), in die Dominik verliebt ist, den arroganten Maximilian (Jakub Gierszal) küsst. Das reiche Ehepaar Inga (Corinna Harfouch) und Georg (Bernhard Schütz) diskutiert auf einer Autofahrt über die Hässlichkeit Deutschlands.
Schon seit Jahren wollte ich Finsterworld sehen, doch kam es erst kürzlich zu einer Sichtung des ersten fiktionalen Langfilms der zuvor nur als Regisseurin von Dokumentarfilmen tätigen Frauke Finsterwalder. Das Drehbuch schrieb die 1975 geborene Filmemacherin gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Christian Kracht (Faserland, Imperium). Erwartet habe ich eine bissige Satire, etwa im Stile von Lars Montags Einsamkeit und Sex und Mitleid, welcher vier Jahre später erschien und mit einer sehr ähnlichen Figurenkonstellation aufwartet. Nach der Sichtung der „Finsterwelt“ macht sich allerdings Enttäuschung breit. Denn so richtig überzeugen konnte mich der Film nicht.
Zentrales Thema und verbindendes Element der einzelnen Handlungsstränge ist das Unbehagen der Figuren über Deutschland. Fußpfleger Claude hat so seine Pobleme mit deutschen Volksliedern während die gut betuchten Eheleute Inga und Georg ihr Heimatland einfach nur hässlich finden. Dokumentarfilmerin Franziska, die man als Alter Ego der Regisseurin interpretieren kann, zeigt sich genervt von der Stumpfheit ihrer Arbeit. Zudem geht es um deutsche Erinnerungskultur und Fetische, welche die Mehrheit der Gesellschaft als abstoßend wahrnehmen kann.
Das klingt erstmals nach einem potenzialträchtigen Stoff, doch aus meiner Sicht machen Finsterwalder und Kracht zu wenig daraus. Ein Großteil der teils verknüpften Stories bleibt zu beliebig oder nichtssagend. In der zweiten Hälfte kann Finsterworld dank der ein oder anderen gelungenen Dialogszene und der teils unerwarteten Twists etwas zulegen. Doch insgesamt bleibt das Gesehene zu brav und thesenhaft. Obgleich das Darsteller-Ensemble um Sandra Hüller (Toni Erdmann, Ich bin dein Mensch), Bernhard Schütz (Einsamkeit und Sex und Mitleid, Babylon Berlin) und Corinna Harfouch (Lara, Blutsauger) gut funktioniert.
Finsterworld ist seit dem 11. April 2014 auf DVD und BluRay erhältlich sowie als Stream bei diversen Anbietern verfügbar.
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Finsterworld
Episodenfilm Deutschland 2013. FSK 12. 95 Minuten. Kinostart: 17. Oktober 2013.
Mit: Christoph Bach, Margit Carstensen, Jakub Gierszal, Corinna Harfouch, Sandra Hüller, Carla Juri, Johannes Krisch, Michael Maertens, Max Pellny, Leonard Scheicher, Bernhard Schütz, Ronald Zehrfeld u.a. Drehbuch: Frauke Finsterwalder und Christian Kracht. Regie: Frauke Finsterwalder.

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