Mad Heidi

Bier, Chips und Käsedip bereithalten! Denn jetzt kommt Mad Heidi, der erste Swissploitiation-Film überhaupt. Das „liebliche“ Mädchen aus dem Alpen nimmt es nämlich mit einem faschistoiden Käse-Diktator und seinen Schergen auf.


Alles Käse oder
“Han ghört öpper het es Fondue bstellt!”

Eigentlich verbringt die junge Heidi (Alive Lucy) ein unbeschwertes Leben in den Schweizer Bergen mit ihrem Großvater, dem Alpöhi (David Schofield). Doch vor 20 Jahren hat der Unternehmer Meili (Caspar Van Dien) das Land in eine faschistoide Käse-Diktatur verwandelt, in welcher Leute mit Laktose-Intoleranz oder Abneigung gegen Käse verfolgt werden. Meilis Truppen, angeführt von Kommandant Knorr (Max Rüdlinger), nehmen Heidis Freund Goat Peter (Kel Matsena) wegen des Vertriebs illegaler Milchprodukte fest. Vor Heidis Augen wird ihr Geliebter exekutiert. Heidi selbst wird in ein von Fräulein Rottweiler (Katja Kolm) geleitetes Frauengefängnis gesteckt. Nach einigen harten Rückschlägen gelingt Heidi die Flucht und sie bereitet sich darauf vor, Meili und sein Regime zu stürzen…

Die Kinderbücher Heidis Lehr- und Wanderjahre (1880) und Heidi kann brauchen, was es gelernt hat (1881) der Schweizer Autorin Johanna Spyri (1827-1901) wurden in 50 Sprachen übersetzt und avancierten mit über 50 Millionen verkaufen Exemplaren zu echten Bestsellern. Spyri prägte mit diesen Werken nachhaltig das Bild der idyllischen Schweizer Alpen. Ich selbst habe die Bücher nicht gelesen, als kleiner Bub aber die Animeserie sowie die dazugehörigen Horspielkassetten über alles geliebt und etwas später auch Comic-Adaptionen des Animes gelesen. Mittlerweile bin ich mit Anfang 40 der Hauptzielgruppe längst entwachsen und daher bereits für eine völlig andere Version des Stoffes, welche in Gestalt von Mad Heidi vor einigen Wochen veröffentlicht wurde.

Warum die Geschichte nicht als Exploitation-Streifen umsetzen, dachte sich der Schweizer Filmemacher Johannes Hartmann. Alles begann 2017 mit einem ersten Poster. Es folgten ein Promo-Teaser, eine erfolgreiche internationale Crowdfunding-Kamagne und diverse stilsichere Trailer, bis fünf Jahre später der Film fertig wurde. Trotz gewisser Vorfreude war meine Erwartungshaltung nicht unbedingt sehr groß. Denn Filme wie Iron Sky (2012) und African Kung-Fu Nazis (2020) haben gewiesen, dass eine krude-alberne Prämisse mit ein paar Scherzen alleine nicht zwangsläufig einen abendfüllenden Film tragen können. Mad Heidi hat da leider ein ähnliches Problem, vor allem da fast alle guten Gags und knalligen Szenen bereits in den Trailern verballert wurden. Doch man kann mit dem vermutlich ersten „Swissploitiation“-Kracher durchaus seinen Spaß haben, wenn man sich auf solch absichtlich trashigen Filmchen einlassen kann. Mit Caspar Van Dien (Starship Troopers, Sleepy Hollow), mittlerweile nur noch der Tom Cruise der B- bis C-Movies (siehe z.B. Avengers Grimm), und Paul Schofield (Gladiator, Fluch der Karibik) bietet der Cast sogar zwei halbwegs bekannte Namen auf und vor allem Van Dien spielt seine in nur fünf Tagen abgedrehte Rolle als käseliebender Diktatur in Ghaddafi-Uniform (oder Jogginganzug mit Adiletten) mit allerlei genüsslicher Überzeichnung und Grimassierlaune. Die übrige Besetzung um die spanisch-britische Hauptdarstellerin Alice Lucy präsentiert sich mal mehr, mal weniger gelungen.

Humoristisch beschränkt man sich hier überwiegend darauf, bekannte Schweizklischees, vor allem die große Affinität der Eidgenossen für Käse, auf die Schippe zu ziehen. Das funktioniert teilweise, wird aber insgesamt etwas zu sehr ausgereizt. Aber immerhin werden wir Zuschauer*innen Zeuge der wahrscheinlich ersten Fondue-Boarding der Filmgeschichte. Wer bisher noch keine Vorstellung davon handelt, was „death by chocolate“ bedeutet ist hier ebenfalls richtig. Auch wenn Heidis „Rache-Feldzug“ erst relativ spät beginnt und man sich vorher anderen Dingen wie Women-In-Prison-Sleaze widmet, so erschien mir der Streifen doch recht kurzweilig. Am besten funktionieren einfach die Referenzen und Zitate unzähliger bekannter Filme, von Apocalypse Now („I love the smell of cheese in the morning!“) über Kill Bill zu Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers. Mad Heidi bietet ein käsebuntes Sammelsurium unzähliger Versatzstücke, wie Kampfsport-Nonnen und Käse-Zombies (George A. Romero lässt grüßen!) auf. Splatter-Fans kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten. Besonders hat mir der Score von Mario Batkovic, der sich in weiten Teilen beim Altmeister Ennio Morricone bedient, wobei auch die Morricone-Epigonen von Federale einen Song beigesteuert haben, gefallen. Produktionstechnisch erweist sich der erste Swissploitiation-Film (nur echt mit perfekten Off-Sprecher Corey Burton und einer Parodie des Paramount-Openings) vor allem in Anbetracht des nicht üppigen Budgets von 2,6 Millionen Schweizer Franken (ca. 2,65 Millionen Euro) als sehr ordentlich. Wie es sich gehört wird am Ende gleich eine Fortsetzung angekündigt. Uf wiederluege mitenand!

Mad Heidi ist seit dem 8. Dezember 2022 als kostenpflichtiger Stream auf madheidi.com verfügbar. Im Februar oder März 2023 soll der Film auch auf BluRay und DVD erscheinen.


Mad Heidi
Actionkomödie Schweiz 2022. FSK 18. 93 Minuten.
Mit: Alice Lucy, Caspar Van Dien, Max Rüdlinger, Paul Schofield, Pascal Ulli, Katja Kolm, Kaspar Weiss, Almar Sato, Rebecca Dyson-Smith, Kel Matsena u.v.a. Drehbuch: Sandro Klopfstein, Johannes Hartmann, Gregory D. Widmer, Trent Haaga. Regie: Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein.


Credits
Bilder (c) Swissploitiation Films/A Film Company.

 

 

 

 

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6 Responses to Mad Heidi

  1. […] Mad Heidi Three Thousand Years of Longing Friendship’s Death Das melancholische […]

  2. Stepnwolf sagt:

    Irgendwie hätte ich Bock drauf, den zu sehen. 😀

  3. […] x 5 Punkte Mad Heidi (S) Wu Assassins: Fistful of Vengeance […]

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