Fernab der Banalität des deutschen Mainstreamkinos hat Schriftstellerin und Filmemacherin Susanne Heinrich 2019 ihren Debütfilm Das melancholische Mädchen veröffentlicht. Die titelgebende Protagonistin erlebt darin eine Odyssee von eher losen Begegnungen.
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Das Glück der Anderen
Eine junge Frau Anfang 30 (Marie Rathscheck) im Kunstpelzmantel streift ziellos durch eine Großstadt, immer auf der Suche nach einem Schlafplatz für die folgende Nacht. Wie bei Melancholikern üblich hat sie das Beste in ihrem Leben schon hinter sich. Nach einem Casting besucht sie einen Yoga-Kurs für frischgebackene Mütter, erlebt mit anderen Hipstern einen Drogentrip und trifft auf unterschiedlichste Männer, bei denen sie übernachtet und mit denen sie teilweise auch schläft.
Zwischen 2005 und 2011 veröffentlichte Susanne Heinrich (geboren 1985 in der Nähe von Leipzig) zwei Romane und zwei Erzählbände. 2012 begann sie ein Regie-Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Noch vor dem Abschluss drehte Heinrich ihren ersten abendfüllenden Film, Das melancholische Mädchen, welcher wie ihr zweiter Roman, So, jetzt sind wir alle mal glücklich (2009) vom allgemeinen Glücksverständnis, das die Gesellschaft vor allem jungen Frauen anbietet, handelt.
In der fast teilnahmslos durch die artifiziellen Szenerien wandelnden Titelheldin spiegeln sich die Grenzen der neoliberalen Selbstoptimierung. Sie hat im Grunde schonmal alles ausprobiert und wagt sich dennoch erneut auf eine Odyssee der Begegnungen in 14 Episoden, welche mögliche Wege zum Glück darstellen, wie Sex, Mutterschaft, Drogen, Therapie, Kunst, Wellness usw. Heinrich und ihr Team inszenieren das Ganze wie eine Mischung aus Kunstinstallation und Theater. Die Künstlichkeit wird von vorneherein deutlich und zum Stilmittel, ähnlich dem Werk von Bertolt Brecht. Teilweise wurden für unterschiedliche Szenen einfach die gleichen Kulissen verwendet. Den vor allem aus Hollywoodfilmen bekannten Male Gaze dreht die Regisseurin einfach um und lässt fast nur die männlichen Akteure nackt auftreten.
In Marie Rathscheck (Nix Festes) hat Heinrich die perfekte Hauptdarstellerin gefunden. Sie verkörpert die ziel- und namenlose Protagonistin, eine Schriftstellerin mit Schreibblockade, mit einer überaus präzisen Mischung aus Teilnahmslosigkeit, Verletzlichkeit, träumerischer Sehnsucht und ironischer Distanziertheit, vor allem in der Art wie sie die eloquenten Dialoge zum Besten gibt. Das melancholische Mädchen ist allerdings definitiv nichts für Liebhaber*innen klassischer Filmkomödien. Denn dazu erweist sich das Gesamtpaket als zu sperrig und offenbart trotz der schmalen Laufzeit auch Längen während manche Szenen aus meiner Sicht zu kurz kommen.
Das melancholische Mädchen ist seit dem 24. Januar 2020 auf DVD erhältlich sowie aktuell bei diversen Streaminganbietern verfügbar.
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Das melancholische Mädchen
alternativ: Aren’t You Happy? (internationaler Titel)
Experimentalfilm/Komödie Deutschland 2019. FSK 12. 77 Minuten.
Mit: Marie Rathscheck u.v.a. Drehbuch und Regie: Susanne Heinrich.
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Credits
Bilder (c) Salzgeber.
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Oh der klingt ganz interessant und ging an mir vorbei – danke 🙂
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